Staatsanwaltschaft erweitert Anklage gegen Varishe Moradi

Im Vorfeld des Prozesses gegen Varishe Moradi hat die Staatsanwaltschaft des islamischen Revolutionsgerichts ihre Vorwürfe erweitert. Die Anklagebehörde wirft der kurdischen Aktivistin auch Handlungen vor, auf die die Todesstrafe steht.

Im Vorfeld des Prozesses gegen Varishe Moradi hat die Staatsanwaltschaft des islamischen Revolutionsgerichts in Teheran ihre Vorwürfe erweitert. Die Anklagebehörde wirft der kurdischen Aktivistin nun auch „Feindschaft zu Gott“ und „bewaffnete Rebellion gegen den Staat“ vor, berichtete das Kurdistan Human Rights Network (KHRN). Die Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Paris zeigte sich zutiefst besorgt. Auf diese Vorwürfe steht in Iran die Todesstrafe.

Varishe Moradi (andere Schreibweise Warisheh), auch bekannt als Ciwana Sine, war am 1. August 2023 im Zuge einer Polizeikontrolle in der Nähe ihrer Geburtsstadt Sine (Sanandadsch) festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Die Aktivistin ist Mitglied der KJAR, dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Iran, und engagierte sich für frauenpolitische und feministische Themen. Nach ihrer Verschleppung war ihr Aufenthaltsort monatelang unklar.

Erst durch Recherchen des KHRN wurde später bekannt, dass Moradi nach ihrer Festnahme zunächst wochenlang vom iranischen Geheimdienst in Sine brutal gefoltert, misshandelt und verhört worden war, bis sie Ende August nach Teheran überführt wurde. Dort hielt man sie über Monate im berüchtigten Hochsicherheitstrakt 209 des Evin-Gefängnisses fest – ebenfalls unter Folter und Misshandlungen mit dem Ziel, sie zu brechen oder ein Geständnis von ihr zu erzwingen. Seit Anfang Januar befindet sich Moradi in der Frauenabteilung der Haftanstalt. Zugang zu einem Rechtsbeistand wurde ihr erst kürzlich erstmals gewährt.

Anfang der Woche teilte das KHRN mit, dass Anklage gegen Moradi vor dem berüchtigten Revolutionsgericht in Teheran erhoben wurde. Zunächst lauteten die Anschuldigungen wohl auf Handlungen, die die nationale Sicherheit gefährdeten. Die Vorwürfe stehen im Zusammenhang mit einer angeblichen Mitgliedschaft Moradis in der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK), die in Iran als „separatistische Terrororganisation“ gilt und entsprechend verfolgt wird. Nach Informationen des KHRN wurde die Kurdin in den vergangenen Wochen zweimal in die Abteilung 5 der Teheraner Staatsanwaltschaft gebracht, wo sie sich erneuten Verhören stellen musste.

Das KHRN geht davon aus, dass der Prozess gegen Moradi schon bald beginnen wird. Verhandelt werden soll das Verfahren vor dem berüchtigten Revolutionsgericht in Teheran, dessen Vorsitzender Richter Abolghassem Salawati für besonders harsche Urteile in Fällen, in denen es um die „nationale Sicherheit“ geht, bekannt ist. Im Rahmen der „Jin Jiyan Azadî“-Revolution nach dem staatlichen Femizid an der Kurdin Jina Mahsa Amini im Herbst 2022 hatte Salawati mehrere Todesurteile gegen Demonstrierende gesprochen. Für wann der Beginn des Prozesses gegen Moradi geplant sei, ist dem KHRN zufolge noch immer unklar.