Türkische NGOs fordern Lösung der kurdischen Frage

Anlässlich des 75-jährigen Bestehens der UN-Menschenrechtscharta haben der IHD und andere türkische Organisationen die Regierung in Ankara aufgefordert, von ihrer Gewaltpolitik abzukehren und die kurdische Frage zu lösen.

Alle Menschen haben von Geburt an Rechte, die sie vor der Willkür des Staates schützen. Diese jahrhundertealte Idee steckt hinter der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. In 30 Artikeln formuliert sie bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Doch um die faktische Geltung der Menschenrechte steht es auch 75 Jahre nach Verabschiedung der Menschenrechtscharta nicht zum Besten. Ihre Grundsätze sind oft bloße Versprechen geblieben, wie am Beispiel der Kurdinnen und Kurden, einst die Wiege der Menschheit bildendes Volk, immer wieder deutlich wird.

Diese Feststellung macht der Menschenrechtsverein IHD. Auf Kundgebungen in zahlreichen Städten der Türkei und Nordkurdistans anlässlich des 75-jährigen Bestehens der UN-Menschenrechtscharta forderte die Organisation die türkische Regierung zu einem demokratischen und zivilisierten Schritt auf, um die kurdische Frage, „Mutter aller Probleme“ in der Region, im Dialog zu lösen und gesellschaftlichen Frieden zu erreichen. Unabdingbar dafür sei die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan und die Rückkehr an den Verhandlungstisch mit ihm.

„Die Tatsache, dass dem kurdischen Volk bis heute grundlegende Rechte verweigert werden, hat ihren Kern im Unwillen, die Kurdistan-Frage zu lösen. Sie stellt seit über einem Jahrhundert einen der schwerwiegendsten Konflikte in der Region mit dramatischen politischen und humanitären Folgen dar und bedeutet für Kurdinnen und Kurden seit jeher Ausbeutung, Unterdrückung, Verfolgung und Krieg“, hieß es in einer Erklärung, die bei gemeinsam mit Organisationen wie der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) oder dem Türkischen Ärztebund (TTB) in Städten wie Istanbul, Ankara, Izmir und Hatay veranstalteten Zusammenkünften verlesen wurde.

Der Unwillen, die kurdische Frage zu lösen, resultiere im Wesentlichen aus der fehlenden Demokratisierung der Türkei. Statt auf einer gewaltsamen Durchsetzung der Staatsdoktrin „Ein Volk, eine Sprache, eine Nation, eine Religion“ zur Aufrechterhaltung des Paradigmas einer absolut homogenen Gesellschaft zu beharren, bedürfe es eines radikalen Wandels in der „Kurden-Politik“, betont der IHD. Dazu gehöre, dem kurdischen Volk seine Rechte zu gewähren, die „Terror“-Stigmatisierung, Kriminalisierung, Verfolgung und Ausgrenzung von Kurdinnen und Kurden zu beenden und mit ihnen in einen Dialog für eine friedliche, politische und gerechte Lösung der kurdischen Frage zu treten. „Die immer noch ungelöste kurdische Frage, die sich aus der Verweigerung von Grund- und Bürgerrechten ergibt, ist eine menschenrechtliche und demokratische Herausforderung der Türkei mit weitreichenden Auswirkungen auf eine ganze Region. Sie muss gelöst werden, um das Kapitel der Gewalt, Kriege und Unterdrückung dieses Landes für immer zu schließen – und eine demokratische Zukunft zu ebnen.“