Im Europaparlament in Brüssel hat am 6. und 7. Dezember die 18. Internationale Konferenz „Die Europäische Union, die Türkei, der Nahe Osten und die Kurd:innen“ der EU Turkey Civic Commission (EUTCC) stattgefunden. Zum Abschluss wurde eine zusammenfassende Resolution mit Forderungen an die EU und den Europarat veröffentlicht, die wir wie folgt dokumentieren:
Abschlussresolution der EUTCC-Konferenz
Die jährliche internationale Konferenz über die EU, die Türkei, den Nahen Osten und die Kurd:innen wurde von der EU Turkey Civic Commission (EUTCC) in Kooperation mit der Fraktion Die Linke, den Grünen/EFA, den Fraktionen der Freien Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) und dem Kurdischen Institut Brüssel veranstaltet.
Die Republik Türkei, die im Jahr 2023 ihr hundertjähriges Gründungsjubiläum feierte, hat mit den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ihren militaristischen und antidemokratischen Kurs bestätigt und sogar noch verschärft. Wie schon in der Vergangenheit sind Kurd:innen und die kurdischen Gebiete davon besonders betroffen. Die Verhaftungswelle gegen kurdische Politiker:innen reißt nicht ab. Für die Kommunalwahlen im nächsten Jahr ist zu befürchten, dass Ankara erneut Zwangsverwalter in den kurdischen Gebieten einsetzen wird.
Die Isolationshaft des kurdischen Anführers Abdullah Öcalan hält unvermindert an. Seit drei Jahren werden seinen Anwälten und seiner Familie Besuche auf der Gefängnisinsel verweigert, entgegen allen türkischen und internationalen gesetzlichen Bestimmungen (UN- und EGMR-Resolutionen).
Der Anstieg der geschlechtsspezifischen Gewalt seit der Machtübernahme durch die AKP/Erdoğan hat mit dem Austritt des Landes aus der Istanbul-Konvention einen Höhepunkt erreicht.
Die expansionistische Außenpolitik des türkischen Staates nimmt täglich zu, was zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit führt und gegen das Völkerrecht verstößt. Seit Anfang Oktober haben die Luftangriffe auf Nordsyrien zugenommen, wodurch ein großer Teil der Infrastruktur zerstört wurde. Bei Drohnenangriffen, sowohl in Nordsyrien als auch in der irakischen Region Kurdistan, kommen fast täglich Zivilist:innen ums Leben. Diese Angriffe und vor allem die anhaltende aktive Unterstützung fundamentalistischer, islamistischer Gruppen bedrohen den Frieden, vertiefen die Instabilität im Nahen Osten und verändern die Demografie.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen ist eine politische Lösung der kurdischen Frage, einer zentralen Frage in der Türkei und im Nahen Osten, nicht in Sicht.
Die EUTCC-Konferenz fordert daher
- die Europäische Union auf, den Forderungen des Berichts des Europäischen Parlaments über die Türkei nachzukommen, auch vor dem Hintergrund der Verantwortung, die sich aus dem Vertrag von Lausanne ergibt.
- das CPT auf, den Bericht über den letzten Besuch auf der Insel im September 2022 unverzüglich zu veröffentlichen. Das CPT wird dringend gebeten, Druck auf die Türkei auszuüben, damit sie handelt und die Aufhebung der Isolation erreicht, die gegen ihre Verpflichtungen verstößt.
- den Europarat auf, alle Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus der Missachtung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ergeben, denen die Türkei nicht nachkommt.
- die sofortige Aufhebung der Isolationshaft von Abdullah Öcalan und seine Freilassung gemäß dem „Recht auf Hoffnung"-Gesetz. Wir verweisen hier auf die im Oktober gestartete weltweite Kampagne für seine Freiheit und eine politische Lösung der kurdischen Frage, die internationale Resonanz verdient, damit Demokratie und Frieden in der Türkei und im Nahen Osten eine Chance haben.
Die EUTCC-Konferenz begrüßt die Entscheidung des Europäischen Parlaments, den Sacharow-Friedenspreis an die Kurdin Jina Amini als Symbol für die Maxime „Jin, Jiyan, Azadi" (Frau, Leben, Freiheit) zu verleihen, und erklärt ihre Solidarität mit dem Widerstand der kurdischen Frauen.
Anmerkung: Übersetzung aus dem englischen Original, die Links zu einzelnen Themen wurden von der Redaktion eingefügt