Weil er sich für muttersprachlichen Unterricht in Kurdisch in der Türkei ausgesprochen hat, ist der im westtürkischen Edirne stationierte Wehrpflichtige Çetin Doğan von Soldaten schwer misshandelt worden. Der Fall ereignete sich bereits am 15. August: Mit Kolben des Gewehrs HK 33, einem Sturmgewehr des deutschen Waffenherstellers Heckler & Koch, schlugen zwei Armeeangehörige unter anderem auf den Kopf des Rekruten ein. Dabei erlitt der 20-Jährige einen Nasenbruch, Riss- und Quetschverletzungen sowie ein Schädelhirntrauma. Außerdem zog sich Doğan durch die Schläge eine Rippenprellung sowie Hämatome am ganzen Körper zu. Nach nur drei Tagen in einem Militärkrankenhaus und einer Nasenoperation wurde der Wehrpflichtige wieder entlassen.
Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus musste Doğan wieder zurück in die Kaserne. Dort sei er von den Soldaten Y.K. und U.Y., die ihn misshandelt hatten, sowie dem Rest seiner Einheit unter psychischen Druck gesetzt worden. „Sie nannten mich dauernd einen Terroristen. Unsere Vorgesetzten ließen sie gewähren, ich habe um mein Leben gefürchtet. Nur ein einziger Offizier hat dagegen protestiert. Er war es auch, der mich vor dem sicheren Tod bewahrte, als ich verprügelt wurde.“ Nachdem Doğan Urlaub gewährt wurde, fuhr er an seinen Wohnort in Mêrdîn (türk. Mardin) und zeigte Y.K. und U.Y. wegen Körperverletzung, versuchten Mordes, Beleidigung und Diskriminierung bei der Generalstaatsanwaltschaft an. „Als ich das Gelände verließ, entging ich noch einem Lynchversuch“, sagt er.
Zwar hat sich Doğan an den türkischen Generalstab und das Justizministerium der Türkei gewandt, allerdings brachte diese Initiative keinen Erfolg; die Behörden bleiben untätig und verweisen auf interne Ermittlungen, die inzwischen zu dem Vorfall eingeleitet wurden. Deshalb suchte er nun den Menschenrechtsverein IHD auf. Nach Angaben der Ko-Vorsitzenden Eren Keskin wird momentan versucht, eine Verlängerung des Urlaubs zu erwirken. Doğan müsste eigentlich vom Militärdienst befreit werden, da er unter körperlichen und psychischen Beschwerden leide. „Inzwischen treten bei ihm sogar Gedächtnislücken auf, er wird immer vergesslicher“, erklärte Keskin am Dienstag. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die rassistischen Soldaten erheben wird, ist noch unklar.