Onkel von Jina Mahsa Amini zu Haftstrafe verurteilt

Der Onkel von Jina Mahsa Amini ist von Irans Justiz zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Zusätzlich erhielt Safa Aeli ein Reise- und Äußerungsverbot, außerdem muss er eine Rezension über die Biografie eines getöteten Regime-Beamten schreiben.

Ein iranisches Gericht in der ostkurdischen Stadt Seqiz hat den Onkel von Jina Mahsa Amini zu einer Haftstrafe verurteilt. Das meldet das in Großbritannien ansässige Centre for Supporters of Human Rights. Die für Safa Aeli festgesetzte Gesamtstrafe von fünf Jahren, vier Monaten und 17 Tagen Haft setze sich aus mehreren Einzelstrafen zusammen und stehe im Zusammenhang mit der „Jin Jiyan Azadî“-Revolution. Die Justiz werfe ihm Handlungen gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen das Regime und Beleidigung des Obersten Führers vor.

Safa Aeli war am 5. September 2023, kurz vor dem ersten Todestag seiner Nichte Jina Mahsa Amini, deren gewaltsamer Tod in Polizeigewahrsam einen beispiellosen Volksaufstand ausgelöst hatte, von Regime-Kräften in Seqiz festgenommen worden. Die Beamten waren in einem Konvoi von gleich fünf Fahrzeugen angerückt, um den 30-Jährigen abzuführen und an einen unbekannten Ort zu bringen. Gründe wurden nicht genannt, auch lag kein Haftbefehl gegen Aeli vor. Erst Tage später wurde bekannt, dass er unter unmenschlichen Bedingungen im Zentralgefängnis in der Stadt Sine (Sanandadsch) festgehalten wurde. Mitte Oktober kam Aeli auf Kaution frei.

Die Verhaftung von Aeli hatte im Zuge einer extremen Einschüchterungswelle stattgefunden, die sich gegen Angehörige von Jina Mahsa Amini und Hinterbliebene von Menschen richtete, die bei den „Jin Jiyan Azadî“-Demonstrationen vom Regime ermordet wurden. Die Mullah-Führung sah sie als Katalysator für wiederauflebende Proteste an und ging besonders rigoros gegen Familien vor, die trotz Drohungen und Einschüchterungsversuchen Trauerfeiern für ihre getöteten Kinder ankündigten. Dass Angehörige von Ermordeten auf diese Weise vom Trauern abgehalten werden, ist ein altbewährtes Unterdrückungsinstrument des iranischen Regimes.

Da nach iranischem Recht bei einer Verurteilung zu mehreren Haftstrafen nur die höchste verbüßt werden muss, wird Safa Aeli, sofern das Urteil an Rechtskraft gewinnt, dreieinhalb Jahre im Gefängnis verbringen. Zusätzlich verhängte das Gericht auch ein zweijähriges Reiseverbot sowie ein Äußerungsverbot zu seinen Ansichten über die „Jin Jiyan Azadî“-Bewegung. Darüber hinaus müsse er eine Rezension über die Biografie eines während dem Aufstand getöteten Regime-Beamten schreiben und eine Sprachaufnahme davon fertigen. Diese werde dann offizielle Kanäle in sozialen Medien verbreitet.

Rechts im Bild: Safa Aeli, links daneben Amjad Amini, der Vater von Jina Mahsa (c) privat

Opfer eines staatlichen Feminizids

Die 22-jäheige Jina Mahsa Amini war im September 2022 zu Besuch in Teheran, als sie von der iranischen Sittenpolizei wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderordnung des islamistischen Mullah-Regimes festgenommen wurde. Kurze Zeit darauf starb sie in Polizeigewahrsam – nach Angaben ihrer Familie wurde Amini gewaltsam in einen Polizeiwagen gezerrt und auf ein Revier gebracht, wo sie infolge von weiteren Misshandlungen kollabierte und ins Koma fiel. Am 16. September 2022 erklärten Ärzte einer Teheraner Klinik Amini für tot.

Hunderte Tote bei „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution

An Jina Mahsa Aminis Tod entzündete sich die landesweite „Jin, Jiyan, Azadî“-Revolution, bei der Frauen an vorderster Front standen. Die Bewegung stellte die bislang größte Bedrohung der Islamischen Republik Iran seit ihrem Bestehen dar. Vor allem die junge Generation ging über Monate hinweg gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Straße. Der Staatsapparat ließ die Demonstrationen gewaltsam niederschlagen: mehr als 550 Menschen starben, tausende wurden verletzt, zehntausende festgenommen und mehrere Demonstranten hingerichtet. Im Dezember wurde Jina Mahsa Amini vom Europaparlament posthum mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit geehrt.