MSF: Dutzende Schutzsuchende gerettet – viele Tote befürchtet

Die Besatzung des Rettungsschiffes der Initiative Ärzte ohne Grenzen hat 71 Schutzsuchende retten können, eine Person starb und 22 weitere gelten als vermisst. Nach langer Irrfahrt konnte die Sea-Watch 4 303 Schutzsuchende in Italien ausschiffen.

Wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) am Montag mitteilte, wurden 71 Menschen durch das zivile Rettungsschiff Geo Barents vor dem Ertrinken im Mittelmeer bewahrt. Eine Frau starb kurz nach ihrer Rettung. 22 weitere Personen werden vermisst. Es besteht kaum Hoffnung auf ihr Überleben.

Die Organisation gab am Dienstag weitere Einzelheiten bekannt und erklärte, dass viele der Überlebenden medizinische Hilfe benötigten, da sie „nach vielen Stunden im Wasser Symptome von Meerwasserverschlucken und Unterkühlung“ zeigten. Außerdem hieß es, dass mindestens 15 Prozent der Geretteten an „mittelschweren bis schweren Verbrennungen" litten. Symptome wie diese treten häufig bei geretteten Menschen auf, welche versuchten, das Mittelmeer von Nordafrika nach Europa zu überqueren. Der Treibstoff in Kombination mit dem Salzwasser führt zu chemischen Verbrennungen, wodurch sich die Haut ablöst. Gleichzeitig sind die Menschen dehydriert und häufig massiv unterernährt.

Die Menschen waren von einem sinkenden Schlauchboot gerettet worden. Wie MSF mitteilt, verloren zwei Frauen ihre Kinder und eine junge Frau verlor ihren Bruder auf See. Drei Personen mussten mit einer Bahre gerettet werden, da sie nicht mehr laufen konnten.

Das Schlauchboot, in dem sich die Menschen befanden, war beschädigt und hatte sich bereits mit Wasser gefüllt, als die Retter:innen eintrafen. Mehrere Menschen hatten sich schon im Wasser befunden. Eine Leiche wurde von den Wellen abgetrieben. Ein Baby wurde ohne Lebenszeichen geborgen, konnte aber von der Besatzung wiederbelebt werden. Es wurde später mit seiner Mutter per Hubschrauber nach Malta evakuiert.

Gleichzeitig konnten mehrere Schiffe Schutzsuchende in Italien ausschiffen

Die lange Odyssee von Hunderten von Migrant:innen endete auf Lampedusa. Das Rettungsschiff Louise Michel konnte 59 Schutzsuchende auf Lampedusa anlanden. Die Sea Watch 4 beendete ihre einwöchige Irrfahrt mit 303 Migrant:innen an Bord in Porto Empedocle und konnte die Schutzsuchenden dort absetzen. Währenddessen befindet sich die Ocean Viking weiterhin mit 156 Schutzsuchenden auf dem Mittelmeer.

Brutaler flüchtlingspolitischer Doppelstandard

Die Rettung im MIttelmeer ist allein der Zivilgesellschaft überlassen. Die europäischen Staaten betreiben eine Politik des Wegschauens und Sterbenlassens. Rettungsschiffe werden immer wieder sogar an ihrer Arbeit von staatlicher Seite gehindert, Aktivist:innen kriminalisiert und Boote unter fadenscheinigen Gründen festgesetzt. Damit wird der europäische flüchtlingspolitische Doppelstandard mehr als deutlich. Während Schutzsuchende aus der Ukraine aus gutem Grund willkommen geheißen werden, erleben Menschen aus dem globalen Süden die brutalsten Formen der Abschottungspolitik. Zuletzt waren am Wochenende am Grenzzaun der spanischen Enklave Melilla mindestens 23 verzweifelte Menschen bei der versuchten Grenzüberquerung gestorben oder sind von Sicherheitskräften getötet worden.

Foto: twitter.com/MSF_Sea