Kind sein in der Türkei

Im Bezirk Kartal in Istanbul leben zwei sechs- und achtjährige Kinder, deren nahe Verwandtschaft komplett inhaftiert wurde.

Nach der Verhaftung ihrer Eltern, einer Tante und eines Onkels gibt es nur noch den Großvater, der sich um die Kinder kümmert. In einer Stadt wie Istanbul sei ihm dies nicht möglich, sagt er.

Vor ungefähr einer Woche wurde zunächst Gürbüz, der Vater der beiden Geschwister, verhaftet. Es folgte die Verhaftung ihrer Tante Gülten, ihres Onkels Alişan und schließlich am 23. November ihrer Mutter Kadriye Elmas wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“.

Die Kinder befinden sich jetzt in der Obhut ihres betagten Großvaters. Psychisch geht es ihnen sichtbar schlecht. Der Großvater möchte sie in sein Dorf in Bedlîs (Bitlis) bringen, weil er sich nicht in der Lage sieht, die Kinder in Istanbul zu versorgen. Dann müssten sie jedoch mitten im Schuljahr die Schule wechseln und könnten ihre Eltern nicht einmal im Gefängnis besuchen.

„Wann kommen unsere Eltern wieder?“

Rechtsanwalt Ahmet Baran Çelik von der Plattform Freiheitlicher Jurist*innen (ÖHP) geht davon aus, dass den Kindern die Situation nicht bewusst ist: „Sie fragen ihren Großvater jeden Tag, wann ihre Eltern wiederkommen. Der sagt notgedrungen: ‚Bald‘. Daher fragen die Kinder ihn jeden Tag wieder.“

Baran vertritt die Ansicht, dass die Haftbefehle gesetzeswidrig erlassen worden sind. „Selbst wenn die Vorwürfe stimmen würden, hätten keine Haftbefehle ergehen dürfen, weil die persönlichen Umstände der Betroffenen berücksichtigt werden müssen. Die Tatsache, dass die Mutter für Kinder in diesem Alter unverzichtbar ist, findet sich sogar in Urteilen des Kassationsgerichtshofs wieder, vor allem in Scheidungsverfahren. Es ist nicht hinnehmbar, dass diese Kinder von ihren Eltern und allen in der Häuslichkeit lebenden erwachsenen Verwandten getrennt werden oder sich selbst im Gefängnis aufhalten müssen.“

Quelle: JINNEWS