Kavala: Urteil im Europarats-Verfahren gegen die Türkei erwartet

Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte will am 11. Juli ihr Urteil im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei wegen der unrechtmäßigen Inhaftierung des Kulturförderers Osman Kavala sprechen.

Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) will am 11. Juli ihr Urteil in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei sprechen. Das kündigte das Gericht in Straßburg am Montag an. Veranlasst wurde das Verfahren durch die Weigerung der Regierung in Ankara, eine frühere Entscheidung zu dem inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala umzusetzen. Von dem Urteil kommende Woche hängen mögliche Folgen für die Mitwirkung der Türkei im Europarat ab. Die Verkündung ist öffentlich und beginnt um 11 Uhr.

Kavala saß über vier Jahre in Untersuchungshaft, weil ihm staatsfeindliche Umtriebe in Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 und dem sogenannten Putschversuch 2016 vorgeworfen wurden. Der 64-Jährige bestreitet die Vorwürfe gegen sich, bezeichnet sie als „Verschwörungstheorien“ und sieht sich als Opfer politischer Instrumentalisierung von Seiten der türkischen Regierung. Der europäische Menschenrechtsgerichtshof bewertete einen ersten Prozess gegen Kavala im Dezember 2019 als politisch motiviert und verlangte seine Freilassung. Die Türkei ignorierte dies.

Das Ministerkomitee des Europarates bat daraufhin am 2. Februar den EGMR um Klärung, ob die Türkei ihre Verpflichtung zur Umsetzung des Urteils verletzt habe. Dieser Fall wurde der Großen Kammer mit 17 Richter:innen zugewiesen. Laut Mitteilung des Gerichts reichten das Ministerkomitee, die Führung in Ankara und Kavala schriftliche Stellungnahmen ein, ebenso die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatovic.

Ende April hatte ein Gericht in Istanbul den im berüchtigten Silivri-Gefängnis inhaftierten Osman Kavala wegen versuchten Umsturzes zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. International stieß die Entscheidung auf scharfe Kritik. Sieben Mitangeklagte – die Architektin Mücella Yapıcı, Städteplaner Tayfun Kahraman, Rechtsanwalt Can Atalay, die Dokumentarfilmerin Mine Özerden, die Filmproduzentin Çiğdem Mater, Hochschulleiter Hakan Altınay und der Universitätsgründer Yiğit Ekmekçi – wurden für schuldig befunden, Kavala geholfen zu haben. Sie wurden zu jeweils 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Sechs von ihnen wurden noch im Gerichtssaal festgenommen und ins Gefängnis gebracht; für Ekmekçi wurde ein Haftbefehl ausgestellt.