Journalist Ziya Ataman beklagt Nacktdurchsuchung im Gefängnis

Der in der Türkei inhaftierte kurdische Journalist Ziya Ataman soll nach einer unbegründeten Verlegung einer Nacktdurchsuchung unterzogen worden sein. Bei der Einrichtung handelt sich um ein Gefängnis für Lebenslängliche, ausschließlich mit Einzelzellen.

Der in der Türkei inhaftierte kurdische Journalist Ziya Ataman ist nach der unbegründeten Verlegung aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Wan in eine Strafvollzugsanstalt in Erzîrom (tr. Erzurum) offenbar einer Nacktdurchsuchung unterzogen worden. Das teilte Ataman in einem an die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) gerichteten Brief mit, den ANF einsehen konnte. Für den mehrstündigen Transport in die mehr als 400 Kilometer entfernte Einrichtung in Erzîrom soll Ataman zudem in die Einzelzelle eines Gefangenentransporter gepfercht worden sein, obwohl den Behörden bekannt sei, dass seine Gesundheit die Belastung durch eine längere Fahrt nicht aushalte.

Ziya Ataman hat für die per staatlichem Dekret verbotene kurdische Nachrichtenagentur DIHA (Dicle Haber Ajansı) gearbeitet und wurde im April 2016 in Wan unter Terrorverdacht verhaftet. Dreieinhalb Jahre saß er in Untersuchungshaft, bis er im September 2019 von einem Gericht in Şirnex (Şırnak) wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren und drei Monaten verurteilt wurde. Das Urteil gegen Ataman geht auf „Zeugenaussagen“ zurück, die nachweislich unter Folter entstanden waren und lange vor der Urteilsverkündung zurückgezogen wurden. Beweise gegen den Journalisten lagen nicht vor. Hinzu kommt, dass Ataman unter einer Reihe von schwerwiegenden Erkrankungen leidet, darunter einem Darmverschluss infolge einer Lähmung (Paralyse) der Darmmuskulatur. In Freiheit konnte die Blockade durch entsprechende Therapie gelöst werden, im Gefängnis hat sich die Situation Atamans aufgrund von Stress und Haftbedingungen jedoch verschlechtert.

Die Verlegung in das Gefängnis Dumlu nördlich von Erzîrom betrachtet Ziya Ataman als „Verbannung“. Bis zu seinem Wohnort in Elkê (Beytüşşebap) bei Şirnex sind es von der Provinz aus über 500 Kilometer, Besuche von seinen Angehörigen würden aufgrund der Entfernung nur selten möglich sein. Zwar sehen die Strafgesetze eine heimatnahe Verbüßung von Haftstrafen vor, aber für die türkische Justiz ist dies nur eine Randnotiz, die nicht weiter interessiert. Das Land orientiert sich an dem berüchtigten Modell im Baskenland, wo politische Gefangene in ganz Spanien und Frankreich verteilt werden, so dass ihre Familien und Angehörigen meist hunderte Kilometer und teilweise mehr für einen Kurzbesuch reisen müssen. Gerade jene Gefangene, die aufgrund ihrer politischen oder weltanschaulichen Meinung in Haft sind, werden von den türkischen Behörden in möglichst weit vom Wohnort entfernte Gefängnisse verlegt. Bei etlichen dieser Besuche und Millionen von gefahrenen Kilometern kamen bereits viele Angehörige bei Verkehrsunfällen auf der Autobahn ums Leben. Dazu kommt die enorme finanzielle Belastung für die Angehörigen, da manche auf Reisekosten kommen, die ihr Einkommen übersteigen.

Schwere Isolationshaft

Darüber hinaus, schreibt Ataman, sei ihm völlig schleierhaft, warum er als politischer Gefangener mit einer begrenzten Haftdauer in eine Vollzugseinrichtung hoher Sicherheit, in der es ausschließlich Einzelzellen gibt, verlegt wurde. Weder liege gegen ihn eine sogenannte Bunkerstrafe als Disziplinarmaßnahme vor, noch sei er ein „Lebenslänglicher“. „Ich bin die meiste Zeit allein“, beklagt der Journalist. Der Innenhof, auf dem er sich im Normalfall bis zu eineinhalb Stunden pro Tag aufhalten könnte, liegt nicht in Zellennähe. Gefangene müssen durch einen labyrinthartigen Gang, der an mehreren Kontrollen vorbeiführt. Dabei müssen sie jedes Mal ihre Schuhe ausziehen und zeigen, dass sie dort nichts versteckt haben. Dieser Vorgang nimmt viel Zeit in Anspruch, die von den 1,5-Stunden Hofgang abgezogen werden. Es handelt sich um eine von vielen Maßnahmen, mit denen politische Gefangene in der Türkei systematisch benachteiligt werden.

Nacktdurchsuchungen

Laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) können Leibesvisitationen in bestimmten Fällen notwendig sein, etwa um die Sicherheit in einem Gefängnis zu gewährleisten oder Unruhen vorzubeugen. Sie müssten jedoch in angemessener Weise durchgeführt werden. Verhalten, das darauf abzielt, Häftlinge zu demütigen oder Minderwertigkeitsgefühle auszulösen, zeugten von einem Mangel an Respekt für deren Menschenwürde und stellten eine erniedrigende Behandlung dar. Der EGMR hatte bereits 2016 einen Fall von einer Nacktdurchsuchung in der Türkei als Rechtsverletzung verurteilt. Dies hielt das Regime in Ankara allerdings nicht davon ab, diese Praxis fortzusetzen. Zivilrechtliche Organisationen in der Türkei, darunter Rechtsanwaltskammern, stufen Nacktdurchsuchungen von Gefangenen nach dem Transport von einem Gefängnis in ein anderes als menschenrechtswidrig und Folterpraxis ein.