Der Solidaritätsverein MATUHAYDER hat vor dem Frauengefängnis in Istanbul-Bakirköy gegen das Sterben in türkischen Haftanstalten protestiert. An der Kundgebung unter dem Motto „Freiheit für die kranken Gefangenen, Schluss mit dem Sterben in den Gefängnissen“ nahmen neben zahlreichen Angehörigen politischer Gefangener und Aktivistinnen der Initiative „Mütter für den Frieden“ auch der HDP-Abgeordnete Zeynel Özen und der Istanbuler HDP-Vorsitzende Ferhat Encü teil.
Anlass der von zahlreichen Polizisten überwachten Protestaktion war der Tod von Mehmet Hanefi Bilgin im Hochsicherheitsgefängnis Bolu Ende vergangener Woche. Bilgin saß fast dreißig Jahre im Gefängnis. 1992 war er von einem Staatssicherheitsgericht zu einer erschwerten lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, im Juni stand seine bedingte Entlassung an. Vor wenigen Tagen wurde der 58-Jährige tot in einer Zelle aufgefunden. Nach Angaben der Vollzugsleitung soll er einen tödlichen Herzinfarkt erlitten haben.
Mit Mehmet Hanefi Bilgin sind seit Anfang Dezember mindestens zehn Gefängnisinsassen gestorben. Acht der Toten waren politische Gefangene, bei den anderen beiden handelt es sich um einen Straf- und einen Untersuchungsgefangenen.
Der HDP-Politiker Ferhat Encü sagte auf der Kundgebung in einer auf Kurdisch gehaltenen Rede, dass die Vollzugsanstalten in der Türkei zu „Todeshäusern“ geworden sind. Der Tod der Gefangenen sei politisch beabsichtigt, um den Willen der inhaftierten Oppositionellen zu brechen. Encü appellierte an Menschenrechtsorganisationen und die Öffentlichkeit, den Gefangenen Gehör zu verschaffen. Zeynel Özen erklärte, dass die Todesstrafe in der Türkei zwar abgeschafft sei, das praktizierte Feindstrafrecht jedoch zum schleichenden Tod politischer Gefangener führe.