„Wir lassen nicht zu, dass unsere Kinder im Gefängnis sterben“

Vor der Gerichtsmedizin in Istanbul haben Angehörige politischer Gefangener zusammen mit dem HDP-Abgeordneten Ömer Faruk Gergerlioğlu die Freilassung aller kranken Inhaftierten gefordert. Die Protestaktion wurde trotz Verbot durchgesetzt.

In Istanbul ist eine Kundgebung der Initiative „Solidarität mit den Gefangenen“ verboten worden. Die türkische Polizei blockierte den Kundgebungsort vor der Gerichtsmedizin in Yenibosna bereits im Vorfeld und gab zur Begründung ein Versammlungsverbot des Landratsamtes im Bezirk Bahçelievler an.

Der HDP-Abgeordnete Ömer Faruk Gergerlioğlu und die Mitglieder der Initiative, bei denen es sich größtenteils um Angehörige von Gefangenen handelt, protestierten gegen das polizeiliche Vorgehen und bezeichneten das Verbot als willkürlich. Dabei hielten sie Schilder in den Händen, mit denen sie die Freilassung kranker Gefangener forderten. Auf einem Schild stand: „Isolation tötet, Solidarität hält am Leben“. Die Angehörigen erklärten: „Unsere Kinder sterben. Innerhalb eines Monats sind sieben Gefangene gestorben. Wir werden nicht zulassen, dass unsere Kinder sterben.“

Die Polizei drängte die Anwesenden zurück und hinderte Journalist:innen unter Einsatz von Gewalt am Filmen.

Hunderte haftunfähige Kranke in türkischen Gefängnissen

In den Gefängnissen in der Türkei gibt es Hunderte Kranke, die nicht medizinisch behandelt werden und denen trotz offensichtlicher Haftunfähigkeit keine Haftverschonung gewährt wird. Der bekannteste Fall ist aktuell die ehemalige HDP-Abgeordnete Aysel Tuğluk, die seit über fünf Jahren als politische Geisel in der Vollzugsanstalt Kandira inhaftiert ist und sich aufgrund einer Demenzerkrankung nicht mehr selbst versorgen kann. Die Gerichtsmedizin fungiert immer offensichtlicher als politische Institution des Erdogan-Regimes und verhindert die Freilassung von Aysel Tuğluk und vielen weiteren inhaftierten Oppositionellen durch die Bescheinigung der angeblichen Haftfähigkeit.