Istanbul: Bunkerstrafen für 33 politische Gefangene

Gegen 33 politische Gefangene im Istanbuler Frauengefängnis Bakırköy ist wegen ihrer Notizen, Texte und Anträge Bunkerstrafe verhängt worden.

Willkür in türkischen Gefängnissen

Am 26. Januar hat das Wachpersonal im Frauengefängnis Bakırköy in Istanbul zwei Zellen von politischen Gefangenen gestürmt und durchsucht. Dabei wurden alle Notizen und Texte sowie Antragsentwürfe der Gefangenen beschlagnahmt. Unter dem Vorwand, die Unterlagen seien an einem Ort gefunden worden, verhängte die Gefängnisleitung gegen alle 33 Insassinnen der Zellen Bunkerstrafen wegen „Schulung für eine Terrororganisation und Propaganda für eine Terrororganisation“. Die Bunkerstrafen sollen 11 bis 13 Tage dauern.

Diese Entscheidung erfolgte, obwohl einige der Gefangenen gegenüber der Gefängnisleitung schriftlich erklärten, dass es ihre Notizen seien. Die Verwaltung machte jedoch geltend, dass die in der Abteilung gefundenen Anträge und Notizen allen Gefangenen zugeordnet werden müssten und daher eine Kollektivstrafe nötig sei. Das 4. Vollzugsgericht von Bakırköy bestätigte die 11 bis 13 Tage andauernde Isolation jeder einzelnen der Gefangenen. In einer Berufung der Frauen bestätigte die 1. Kammer des Obersten Gerichts von Bakırköy die Strafe höchstrichterlich. Somit wird die Bunkerstrafe vollzogen.

Bunkerstrafen sind hochgefährliches Instrument

Bunkerstrafen stellen eine akute Bedrohung für die Gefangenen dar, da die Gefangenen in der Isolation der Willkür der Wächter vollständig ausgesetzt sind. So kommen insbesondere politische Gefangene in Bunkerhaft immer wieder unter verdächtigen Umständen ums Leben. Besonders bekannt wurde in diesem Zusammenhang der Fall der politischen Gefangenen Garibe Gezer aus dem Jahr 2021. Garibe Gezer kämpfte als politische Gefangene gegen die Isolation. Im Gefängnis in Kayseri zündete sie aus Protest ihre Zelle an und wurde zur Strafe nach Kandira verlegt. Dort war sie 22 Tage in einer Einzelzelle und wehrte sich erneut. Im Mai drang männliches und weibliches Wachpersonal in ihre Zelle ein. Während Gefängniswärterinnen ihre Arme festhielten, traten die Männer ihr mit Stiefeln in den Rücken. Der Gewaltakt dauerte mehrere Minuten an. Ihr wurde die Wäsche vom Leib gerissen und halbnackt durch den Männerbereich geschleift. Anschließend wurde sie in eine vollständig isolierte, 24 Stunden am Tag kameraüberwachte ‚Gummizelle‘ gesperrt. In diesem Raum erlebte sie sexualisierte Gewalt von Seiten der Gefängniswächter:innen. Nach einem angeblichen Suizidversuch wurde sie schwer verletzt. Auf der Krankenstation wurde sie erneut misshandelt. Eine medizinische Behandlung blieb aus. Schließlich wurde ihr Tod „durch Suizid“ bekannt gegeben. Viele weitere „verdächtige Todesfälle“ folgten. Zuletzt der zwanzigjährige politische Gefangene Reber Soydan, der im Mai in Einzelhaft im Hochsicherheitsgefängnis in Wan (tr.Van) erhängt aufgefunden wurde.