IHD: Die Corona-Bilanz ist gravierend

Das Büro des IHD in Amed warnt, dass die Bilanz der Corona-Erkrankten und Verstorbenen wesentlich drastischer ist als öffentlich angegeben. Der Menschenrechtsverein sieht dringenden Handlungsbedarf.

Die Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD in Amed (Diyarbakir) erklärt zur Bedrohung durch das Corona-Virus: „Es ist wahrscheinlich, dass in Anbetracht der geringen Zahl der täglich durchgeführten Tests die eigentliche Menge der Fälle höher ist, als die von den Verantwortlichen der Öffentlichkeit präsentierten statistischen Angaben.“

Weiter heißt es in der Erklärung: „Vor allem die Beschäftigten im Gesundheitsbereich, aber auch alle, die draußen arbeiten müssen, schweben in Ansteckungsgefahr. Dieses Risiko betrifft nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Familien. Wer zu Hause bleiben kann, ist in der Lage seine Gesundheit zu schützen, aber wer außerhalb der Wohnung arbeitet, wird dieses Rechts beraubt. Für die Beschäftigten im Gesundheitsbereich, in Transportunternehmen, Fabriken, auf Baustellen, in Supermärkten und die Menschen in den Gefängnissen, also für weite Teile des Gesellschaft steht die Frage nach sozialer Absicherung und des Rechts auf Gesundheit auf der Agenda.

Ermittlungen gegen Ärzte

Die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen den Vorsitzenden der Ärztekammer von Colemêrg (Hakkari) Özgür Deniz Değer, den Vorsitzenden der Ärztekammer von Mêrdîn (Mardin), Osman Sağlam, und den Vorsitzenden der Ärztekammer von Riha (Urfa), Ömer Melik, wegen ‚Verbreitung von Panik und Angst in der Bevölkerung‘, weil sie Berichte über die Entwicklung der Krankheit veröffentlicht und Vorschläge unterbreitet haben, ist inakzeptabel. Die Absicht hinter diesen Verfahren ist nicht nachvollziehbar. Wir fordern eine sofortige Einstellung der Ermittlungen.“

Plötzliche Ausgangssperre führt zu Panikkäufen

Der IHD kritisiert weiter die plötzliche Verhängung einer zweitägigen Ausgangssperre in 31 Städten in der Türkei. Die Maßnahme wurde nur zwei Stunden vor ihrem Beginn angekündigt und hat zu Panik in der Bevölkerung geführt. „Diese Situation hat zu einem Massenansturm auf Bäckereien und Lebensmittelgeschäfte geführt“, erklärt der Menschenrechtsverein und warnt, dass diese Massenaufläufe die Verbreitung des Virus befördert und eine Einhaltung der Abstandsregeln praktisch unmöglich gemacht haben. Der IHD wirft der Regierung vor, die Bevölkerung zu gefährden und willkürlich und schlampig vorzugehen: „Die Menschen müssen rechtzeitig, transparent und genau über alle Stadien der Epidemie und alle Gegenmaßnahmen informiert werden.“

Dringend notwendige Maßnahmen

Der IHD fordert, alle notwendigen Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten im Gesundheitsbereich zu treffen und sie bei Bedarf mit Unterkünften und Transport zu unterstützen. Weitere Forderungen des Menschenrechtsvereins lauten:

„In allen geschlossenen Einrichtungen, in denen das Risiko der Verbreitung der Krankheit besteht (Gefängnisse, Erziehungsheime, Alten- und Pflegeheime), müssen die notwendigen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Das betrifft insbesondere die Risikogruppen in den Gefängnissen. Die über 65-Jährigen, die chronisch Kranken, die Schwangeren und die Frauen mit Kindern müssen sofort aus der Haft entlassen werden.

Betriebe, in denen mehrere Menschen zusammenkommen, müssen für eine Weile geschlossen werden. Alle Beschäftigten müssen einen Kündigungsschutz erhalten, ihr wirtschaftlicher Bedarf muss bis zum Ende der Isolation durch den Staat gedeckt werden. Für die Beschäftigten in den unabdingbar geöffneten Betrieben müssen alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.

Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht auf richtige Informationen. Alle Ermittlungsverfahren, mit denen in dieser schweren Zeit das Recht auf Informationsfreiheit verletzt wird, müssen eingestellt werden.“