Die Gefängniskommission der Istanbuler Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD hat die Aussetzung des Restes der Haftstrafe von Mahmut Tat gefordert. Dem an Kehlkopfkrebs erkrankten Gefangenen werde eine angemessene Behandlung verweigert, sagte Kommissionssprecher Mehmet Acettin am Samstag bei der „F-Sitzung“ des IHD. Zum mittlerweile 573. Mal initiiert der IHD die Sitzung, die ihren Namen in Anlehnung an das türkische Isolationshaftsystem Typ F erhielt, um auf die Situation von kranken Gefangenen aufmerksam zu machen.
Mahmut Tat ist Kurde und stammt aus Dersim. Im Jahr 2015 wurde er wegen Terrorismusvorwürfen, die auf seiner Teilnahme an zwei legalen Demonstrationen begründet sind, zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Nach Erhalt dieser Strafe verließ Tat seine Geburtsstadt, wo er als Busfahrer arbeitete, und beantragte in Schweden politisches Asyl. Dieses Ersuchen wurde abgelehnt – Tat im Dezember von Schweden an das Regime in Ankara ausgeliefert. Exil-Oppositionelle wie er waren Verhandlungsmasse, als die Türkei von Schweden Zugeständnisse für ihr „Ja“ zum NATO-Beitritt des Landes verlangte. Dabei soll gegen ihn noch nicht mal eine Red Notice vorgelegen haben.
Nach seiner Inhaftierung in Istanbul wurde Tat zunächst in das Metris-Gefängnis gebracht, inzwischen sitzt er in einer Haftanstalt im berüchtigten Strafvollzugskomplex Silivri ein. Nach Angaben des Menschenrechtsvereins IHD lehnt die Vollzugsleitung nicht nur eine seiner Erkrankung entsprechende Behandlung ab, sondern auch die Aushändigung von Medikamenten, die von seinen schwedischen Ärzten verordnet wurden. „Diese Medikamente wurden von seinen Familienangehörigen aus Schweden in die Türkei eingeführt, Kosten für die Behörden sind somit nicht entstanden. Die Verantwortlichen in Silivri haben diese Medikamente zwar entgegengenommen, aber nicht an den Gefangenen weitergegeben. Stattdessen wurde Mahmut Tat mit vermeintlichen Nachahmerpräparaten behandelt, die allerdings zu schweren Nebenwirkungen geführt haben. Seine ohnehin gravierende Situation hat sich dadurch noch verschlechtert“, so Acettin.
Um Tat mit den in Schweden verordneten Arzneimitteln zu behandeln, sei ein Medikationsplan nötig, der in einem staatlichen Krankenhaus in der Türkei erstellt und durch die dortigen Behörden zertifiziert wird. Entsprechende Maßnahmen seien bisher aber nicht eingeleitet worden. „Die Angehörigen von Mahmut Tat befürchten, dass er willentlich und wissentlich einem qualvollen Tod überlassen werden soll“, betonte Acettin. „Wir als IHD fordern die Justizbehörden auf, diesen Gefangenen umgehend freizulassen.“