Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung der in Südkurdistan wegen Spionagevorwürfen zu langen Haftstrafen verurteilten Oppositionellen aus der Behdînan-Region. Die Journalisten Sherwan Sherwani, Guhdar Zebari und Ayaz Karam sowie die Aktivisten Shivan Saeed Omar und Hariwan Issa waren vergangene Woche Dienstag von einem Strafgericht in Hewlêr (Erbil) wegen „Untergrabung der nationalen Sicherheit“ zu jeweils sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Amnesty International bezeichnet das Verfahren als einen „eklatant unfairen Prozess, der von schweren Foltervorwürfen und anderer Misshandlungen geprägt war und auf einer offensichtlich erfundenen Anklage beruhte”. Das Urteil müsse sofort aufgehoben werden, außerdem verlangt die Organisation eine wirksame Untersuchung der Folter- und Misshandlungsvorwürfe, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und Wiedergutmachung zu leisten.
Das Berufungsurteil im Fall der Behdînan-Aktivisten wird für den 16. März erwartet. Seit einer Woche sind die fünf Männer allerdings im Hungerstreik, um gegen ihre schlechten Haftbedinungen zu protestieren. Nach Informationen, die Amnesty International vorliegen, werden Sherwani, Zebari, Karam, Omar und Issa zusammen mit über 100 Gefangenen in überfüllten Zellen festgehalten, in denen sie weder schlafen noch stehen oder gehen können. „Unter diesen Bedingungen ist für sie das Coronavirus eine besonders große Gefahr”, warnt die Menschenrechtsorganisation und ruft die Öffentlichkeit zur Teilnahme an einer Urgent Action (Eilaktion) für die Betroffenen aus.
In dem an Dindar Zebari, Koordinator für internationale Hilfe der sürdkurdischen Autonomieregierung, formulierten Brief weist Amnesty International auch auf die Hintergründe der Verhaftungen hin. Die fünf Journalisten und Aktivisten waren im Herbst im im Zusammenhang mit den regierungsfeindlichen Protesten gegen ausstehende Löhne und Korruption festgenommen worden. In einigen Fällen war der Aufenthaltsort über drei Monate lang nicht bekannt. Die Behörden in der von der großen Regierungspartei PDK kontrollierten Behdînan-Region im Gouvernement Dihok schränkten darüber hinaus den Zugang der fünf Oppositionellen zu ihrem Rechtsbeistand und ihren Angehörigen massiv ein. Bei der Gerichtsverhandlung gaben sie zudem an, unter Folter gezwungen worden zu sein, ein falsches „Geständnis” zu unterschreiben. Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, auch den Familien der Betroffenen war der Zutritt in den Gerichtssaal verweigert worden.
Der Brief an Dindar Zebari kann unter folgendem Link eingesehen werden: