59 Leichen aus Wansee geborgen
Nach dem Untergang eines Flüchtlingsboots auf dem Wansee Ende Juni wurden bisher 59 Leichen geborgen. Es handelt sich um Schutzsuchende aus Pakistan, Afghanistan und Iran.
Nach dem Untergang eines Flüchtlingsboots auf dem Wansee Ende Juni wurden bisher 59 Leichen geborgen. Es handelt sich um Schutzsuchende aus Pakistan, Afghanistan und Iran.
Mehr als drei Wochen nach dem Untergang eines mit Schutzsuchenden aus Pakistan, Afghanistan und Iran besetzten Bootes in der nordkurdischen Provinz Wan (türk. Van) haben Rettungskräfte erneut Leichen geborgen. Seit dem Vorfall Ende Juni sind somit insgesamt die Leichen von 59 Ertrunkenen gefunden worden.
Es war eine Katastrophe auf Ansage: Auf dem Wansee ertranken am 27. Juni bis zu 100 Migrant*innen, als das Boot bei stürmischem Wetter kenterte. Das Boot liegt mitten im See auf knapp 107 Metern Tiefe, gefunden wurde es erst vor elf Tagen. Bis zu dem Zeitpunkt waren bereits die Leichen von dreizehn Menschen ans Ufer gespült worden. Dorfbewohner*innen hatten zudem zwei Überlebende gefunden. Sie widersprachen Behördenangaben, wonach es sich um etwa 50 bis 60 Schutzsuchende auf dem Boot handelte und berichteten, dass es massiv überfüllt war.
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wurden fünf Personen verhaftet. Allerdings liegen keinerlei Informationen über das Verfahren vor, da eine Geheimhaltungsverfügung verhängt wurde. Inzwischen wurde auch bekannt, dass das Boot dem AKP-Kreisvorsitzenden von Westan (Gevaş), Tahsin Değirmencioğlu, gehört. Der AKP-Kreisvorsitzende habe selbst die Behörden angerufen, da sein Neffe das Boot lenkte und sich als erster ans Ufer retten konnte. Der Parteifunktionär habe die Behörden aufgefordert, ihn zu unterstützen. Der Mann befindet sich mittlerweile in Untersuchungshaft.
Wan grenzt an Iran
Die nordkurdische Provinz Wan mit ihrem riesigen Binnengewässer liegt an der türkisch-iranischen Grenze und stellt somit den ersten Anlaufpunkt auf türkischem Staatsgebiet für Menschen dar, die vor den Kriegen im Mittleren Osten und Asien nach Europa fliehen wollen. Die Grenze und die Region sind aufgrund des Krieges hochgradig militarisiert. Mit Hilfe von EU-Aufbauhilfen wurden im Abstand von wenigen hundert Metern eine Militärbasis neben der anderen gebaut. Die Militärs arbeiten oft mit kommerziellen Fluchthelfern, vor allem auch mit kriminellen Banden, die die Schutzsuchenden im Hochgebirge aussetzen, zusammen und profitieren so von der prekären Lage der Flüchtlinge.
Nicht die erste Katastrophe
Im Durchschnitt kommen täglich zwischen 1000 und 1500 Menschen aus Afghanistan, Iran, Irak und Mittelasien nach Wan. Nach offiziellen Angaben sind im vergangenen Jahr 40.180 Migrantinnen und Migranten an der Grenze aufgegriffen worden. Eine weit größere Anzahl fällt in die Hände von Schleppern. Bei dem jüngsten Vorfall handelt es sich nicht um die erste Katastrophe, die sich auf dem Wansee ereignet hat. Am 26. Dezember 2019 kamen sieben Personen ums Leben, als ein Boot mit Schutzsuchenden auf dem Weg nach Bedlîs sank. 64 Personen konnten mit Hilfe von Dorfbewohnern aus der Umgebung gerettet werden. Mit einer Uferlänge von etwa 576 Kilometern ist der Wansee einer der größten Gebirgsseen der Erde.