Zehn Dörfer in Xîzan akut von Räumung bedroht

Zehn Dörfer im kurdischen Landkreis Xîzan sind akut von der Räumung bedroht, der Landrat hat eine Verstaatlichung des Geländes angekündigt. Die türkische Armee zerstört gezielt Anbauflächen und Bewässerungskanäle, die Region wird bombardiert.

Die türkische Armee belagert seit Anfang Juli Dörfer und Weiler im Landkreis Xîzan (tr. Hizan) in der nordkurdischen Provinz Bedlîs (Bitlis). Am 2. Juli wurde eine Ausgangssperre ausgerufen und eine Militäroperation eingeleitet, am 14. Juli wurde die Region zur „Sondersicherheitszone“ erklärt. Das Gebiet wird von der türkischen Armee aus der Luft bombardiert und mit Mörsergranaten beschossen. Parallel zu den militärischen Angriffen werden Obst- und Haselnussgärten von Soldaten geplündert. Bewohner:innen der Region haben sich an die Behörden gewandt, der Landrat von Xîzan kündigte ihnen gegenüber an, dass ihre Ländereien verstaatlicht werden sollen. Die Dorfbewohner:innen sagen, das Ziel sei eine erneute Vertreibung der Bevölkerung. Die betroffenen Dörfer sind bereits 1994 vom türkischen Staat entvölkert worden. Nach der gesetzlichen Regelung zur Dorfrückkehr kamen viele Menschen zurück. Zehn Dörfer sind jetzt von erneuter Entvölkerung bedroht.

Olan: Die Operation ist ein Vorwand, das Ziel ist die Entvölkerung

Hüseyin Olan, Abgeordneter der Grünen Linkspartei (YSP) aus Bedlîs, befindet sich mit seiner Fraktionskollegin Semra Çağlar in der Region und konnte einige der abgeriegelten Dörfer besuchen. Viele weitere Dörfer sind auch für die Parlamentsabgeordneten nicht erreichbar. Laut Olan gilt die Sondersicherheitszone vorläufig bis zum 28. Juli. Vor allem im Dorf Xalepûr befinde sich ein großes Militäraufgebot, nachts schlügen Mörsergranaten in den Dörfern ein, erklärte der YSP-Politiker zur aktuellen Lage: „In einem zwei oder drei Quadratkilometer großen Gebiet versucht das Militär, sich einen Weg durch Obstgärten und bestellte Felder zu bahnen. Die Natur wird zerstört, das Gelände wird eingeebnet. Unseren Beobachtungen zufolge soll die Dorfbevölkerung zum Verlassen der Region gezwungen werden. Angeblich soll sich dort jemand aufhalten und die Operation soll fortgesetzt werden, bis diese Personen gefasst sind.“

Freie Sicht für die Armee

Bereits im vergangenen Jahr seien Beobachtungstürme in der Region aufgestellt worden, erläuterte Olan und erklärte weiter: „Das Gebiet wird unter dem Vorwand der Operation unfruchtbar gemacht. Es werden Haselnussbäume und Obstgärten vernichtet. Durch die Zerstörung von Kanälen kommt in den Gärten kein Wasser mehr an. Das Gelände befindet sich in offiziellem Besitz der Dorfbewohner, die Menschen sind verzweifelt. Der Landrat soll gesagt haben, dass das Land verstaatlicht wird. Die ganze Nacht lang werden Mörsergranaten abgefeuert. Für die Bevölkerung können vor allem nicht explodierte Geschosse später gefährlich werden. Die Operation wird als Sicherheitsmaßnahme bezeichnet, aber das Vorgehen geht weit über die Operation hinaus. Das Ökosystem wird beschädigt, um freie Sicht von den Beobachtungstürmen zu schaffen. Die Ernte der Bevölkerung vertrocknet, das muss aufhören.“

Behörden verweigern das Gespräch

Die YSP-Abgeordneten haben eine Anfrage zum Thema im Parlament gestellt und den stellvertretenden Innenminister um einen Gesprächstermin gebeten. Die Terminanfrage wurde nicht beantwortet, auch der Gouverneur von Bedlîs verweigert ein Gespräch. „Wir finden keinen Ansprechpartner und raten den Betroffenen, sich mit einer Schadensaufstellung an die Behörden zu wenden“, so Hüseyin Olan.

Bedrohte Dörfer und Weiler

Bei den akut bedrohten Dörfern handelt es sich um Harat (Bilgili), Akunus (Yaylacık), Govan (Sarıbal), Nanîlan (Yeniçay), Xalepûr (Yolbilen), Kekulan (Çalışkanlar), Sureh (Gedik), Pertavan (Akyazı), Kûran (Erencik) und Ureh (Otluk) sowie die umliegenden Weiler.