Zahl der Festnahmen in Amed steigt

Die Zahl der Festnahmen in Amed ist auf acht gestiegen, insgesamt sind 30 Personen zur Fahndung ausgeschrieben. Hintergrund ist eine Säuberungswelle innerhalb der kurdischen Zivilgesellschaft im Vorfeld eines Besuchs von Recep Tayyip Erdoğan in der Stadt.

Die Zahl der Festnahmen in der nordkurdischen Metropole Amed (tr. Diyarbakır) ist auf acht gestiegen. Die Razzien durch Einheiten der Antiterrorpolizei in verschiedenen Bezirken der Stadt dauern weiter an. Insgesamt sind 30 Personen zur Fahndung ausgeschrieben.

Mittlerweile sind auch die Hintergründe klar. Im Vorfeld eines Besuchs vom türkischen Regimechef Recep Tayyip Erdoğan in Amed am Samstag im Rahmen eines Festivals hat die Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır eine Säuberungswelle innerhalb der kurdischen Zivilgesellschaft angeordnet. Offiziell wird die Festnahmeaktion mit einem „anonymen Hinweis auf geplante Straftaten“ begründet. Die Ermittlungsakte wurde als Verschlusssache eingestuft, es gilt ein Anwaltsverbot.

Bei den bisher Festgenommenen handelt es sich größtenteils um Aktivistinnen und Aktivisten der kurdischen Zivilgesellschaft. Unter ihnen befindet sich auch die Künstlerin Sarya Ertaş, die bekannt für ihre zeitgenössischen Lieder auf Kurdisch ist und für das Ma Music Center arbeitet. Ebenso wurde Zilan Dağ, Zeitungsverteilerin der prokurdischen Yeni Yaşam, in Gewahrsam genommen.

Die türkischen Repressionsbehörden fürchten sich offenbar vor Protesten gegen den Besuch von Erdoğan. Der Zorn der Öffentlichkeit richtet sich dieser Tage auch gegen ein vom türkischen Kulturzentrum im Altstadtbezirk Sûr veranstaltetes Festival, mit dem das kulturelle Erbe der Stadt „gekrönt“ werden solle. Das ist an Hohn und Zynismus kaum zu übertreffen.

Sûr hat eine fünftausendjährige Geschichte und war bis zum Winter 2015/2016 ein historisches Zentrum unterschiedlicher Kulturen. Im Zuge einer Militärbelagerung wurde es von der türkischen Armee zunächst in Schutt und Asche bombardiert, bevor Wohnviertel verstaatlicht und die Bevölkerung vertrieben wurden. Die Zerstörung setzt sich bis heute fort.