Türkei: Kurdischer Politiker wegen „Übersetzungsfehler“ verhaftet

Der kurdische DBP-Politiker Nezir Budak ist wegen vermeintlichen Terrorverdachts in Agirî verhaftet worden. Eine Begrüßungsfloskel bei einer Newroz-Feier wurde von der türkischen Polizei als Botschaft an die Guerilla ausgelegt.

Polizei widmet Begrüßungsrede in PKK-Propaganda um

Der kurdische Lokalpolitiker Nezir Budak ist wegen Terrorvorwürfen am Montag in Agirî (tr. Ağrı) verhaftet worden. Zuvor hatte sich der Ko-Vorsitzende des Verbands seiner Partei DBP im Kreis Giyadîn gestern für eine Vernehmung als Beschuldigter auf das örtliche Polizeipräsidium begeben. Dorthin wurde Budak aufgrund einer Rede zitiert, die er auf einer Newroz-Feier in Giyadîn gehalten hat. Laut Auskunft seines Rechtsbeistands wurde diese als „Propaganda“ für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ausgelegt.

In seiner Begrüßungsansprache auf einer Veranstaltung anlässlich des kurdischen Neujahrsfestes Newroz sagte Budak am Samstag vor einer Menschenmenge: „Ji quntara Gilî daxê hezar silav“ – zu Deutsch in etwa: „Tausend Grüße von den Ausläufern des Ararat-Gebirges“. Ins Protokoll der Anti-Terror-Abteilung der türkischen Polizei (TEM) in Giyadîn wurde die Begrüßungsfloskel jedoch als „Grüße an die Kommandanten auf den Bergen des Ararat und Tendürek“ aufgenommen.

Die Polizei gab an, für die Übersetzung auf ein digitales Übersetzungstool zurückgegriffen zu haben. Warum kein:e vereidgte:r Dolmetscher:in für die Vernehmung Budaks hinzugezogen wurde, dazu äußerte sich die Behörde offenbar nicht. Der Rechtsbeistand des DBP-Aktivisten teilte weiter mit, dass Budak der ihm im polizeilichen Protokoll zugeschriebenen Äußerung widersprochen und auf einen mutmaßlichen Fehler bei der Übersetzung hingewiesen habe. Von der Newroz-Feier liegen außerdem Videoaufzeichnungen vor, die Budaks Version der Rede belegen.

Dennoch sei der Politiker heute zum Justizpalast in der Provinzhauptstadt Agirî gebracht worden. Eine Strafkammer habe anschließend auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Haftbefehl ausgestellt, hieß es. Nezir Budak wurde bereits in das Hochsicherheitsgefängnis von Ağrı gebracht. Sein Anwalt will noch in den nächsten Tagen Widerspruch gegen die verhängte Untersuchungshaft einlegen.