Freiheit für Abdullah Öcalan
Die „Freiheit für Frieden“-Kundgebung in Amed (tr. Diyarbakır) war eine beeindruckende Abstimmung mit den Füßen für den Wunsch der kurdischen Gesellschaft nach Demokratie. Knapp 20.000 Menschen fanden sich dazu am Samstag laut dem Organisationskomitee auf dem Bahnhofsplatz der kurdischen Metropole ein, wo verschiedene Redner:innen auf einer großen Bühne sprachen. Die zentrale Forderung war die Freilassung Abdullah Öcalans und ein Lösungsprozess für die kurdische Frage mit dem PKK-Begründer als Verhandlungspartner.
Zu der Kundgebung hatten die Parteien DBP und DEM aufgerufen. Sie wollten damit deutlich machen, dass es den Einsatz der gesamten Gesellschaft brauche, um einen würdevollen Frieden zu erreichen. „Dieser kann nicht erreicht werden, wenn der einzige Akteur mit einem umfassenden Lösungsplan, nämlich Abdullah Öcalan, weiterhin in einer zwölf Quadratmeter großen Zelle festgehalten wird“, betonte der Ko-Vorsitzende der DEM, Tuncer Bakırhan, in einer Ansprache. Er forderte die umgehende Freilassung Öcalans von der Gefängnisinsel Imrali und rief die Öffentlichkeit zu einer gemeinsamen Front für den Frieden auf.
Die Friedensmütter,die kurdische Frauenbewegung TJA und andere Frauengruppen zogen mit einer lauten und kämpferischen Demonstration unter dem Motto „Jin Jiyan Azadî“ auf den Kundgebungsplatz
Mit Blick auf die Gespräche zwischen Abgeordneten seiner Partei und Öcalan sowie einem geplanten Aufruf für eine tiefgreifende und dauerhafte Lösung der kurdischen Frage und den Aufbau einer demokratischen Türkei pochte Bakırhan auf einen synchronen Prozess. Es könne nicht sein, dass Schritte, die von kurdischer Seite getan würden, nicht mit vertrauensbildenden Maßnahmen von Regierungsseite beantwortet werden und Öcalan nach wie vor unter den Bedingungen der strengen Isolationshaft festgehalten wird. „Wenn es der Regierung ernst ist, ein seit einem Jahrhundert ungelöstes Problem zu lösen und Frieden zu bewirken, muss es ebenbürtige Verhandlungen geben. Ein friedliches Miteinander braucht auf allen Ebenen gegenseitige Anerkennung auf gleicher Augenhöhe.“
Die Ko-Vorsitzende der DBP Çiğdem Kılıçgün Uçar
Die DBP-Vorsitzende Çiğdem Kılıçgün Uçar verwies in ihrer Rede auf das Recht auf Hoffnung, das die Türkei Öcalan und anderen politischen Gefangenen verwehrt. Nach seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenia 1999 ist der PKK-Begründer zum Tode verurteilt worden, das Urteil wurde später in lebenslängliche Haft unter verschärften Bedingungen umgewandelt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat vor zehn Jahren in einem Urteil festgeschrieben, 2024 sei eine mögliche Freilassung Öcalans zu erwägen. „Damit hätte sich Abdullah Öcalan die Tür zur Entlassung schon längst öffnen müssen“, sagte Uçar. Sie forderte die Regierung auf, den Weg zu einer entsprechenden gesetlichen Regelung freizumachen.
Auf einem Transparent des Studierendenkollektivs der Dicle-Universität in Amed war zu lesen: „Heta Serok azad nebe, Aşitî şaşitî ye“
Darüber hinaus thematisierte die Politikerin den andauernden Terror der Türkei gegen Nord- und Ostsyrien und die Kurdistan-Region des Irak. „Was soll man von einer türkischen Doppelstrategie halten, die vorgeblich Frieden mit Abdullah Öcalan und eine Lösung der kurdischen Frage will, aber den Krieg gegen das kurdische Volk nicht einstellt?“, betonte Uçar. Dabei verwies sie unter anderem auf die gezielten Drohnenmorde der türkischen Armee an Medienschaffenden. Die Tötung der Journalist:innen Nazım Daştan und Cihan Bilgin im Dezember in Rojava und des Journalisten Aziz Köylüoğlu Ende Januar in Südkurdistan verurteilte die DPB-Vorsitzende als Kriegsverbrechen, die strafrechtliche Konsequenzen erforderten.