„Rassistische Angriffe werden durch die Regierung provoziert"

Nach dem rassistischen Mord an einem kurdischen Bauarbeiter in Afyon weisen HDP-Politiker in Wan darauf hin, dass derartige Angriffe durch den Sprachgebrauch und die Politik der Regierung herausgefordert werden.

Die HDP-Politiker Ümit Dede und Yaşar Kuçaş machen die türkische Regierung für die kontinuierlich stattfindenden Angriffe auf Kurdinnen und Kurden verantwortlich. Das erklärten die beiden Politiker nach der Beerdigung des Bauarbeiters Özkan Tokay, der am Sonntag von einem Rassisten in Tokay ermordet wurde. Der Kurde wurde am Monat in seinem Herkunftsort Erdîş (türk. Erciş) in der Provinz Wan beigesetzt.

Der stellvertretende HDP-Vorsitzende Ümit Dede sagt, dass eine Lynchkampagne gegen ein Volk stattfindet, dessen Sprache und Kultur nicht anerkannt werden und das systematisch herabgesetzt wird. Diese Lynchkampagne werde von der Hand des Staates ausgeführt, so Dede: „Die rassistischen Verlautbarungen von Vertretern des Staates werden von Gruppen aufgegriffen, die wie jetzt in Afyon und davor in Sakarya, Ankara und an vielen weiteren Orten Kurdinnen und Kurden angreifen.“

Der Grund dafür sei Intoleranz, erklärt der HDP-Politiker: „Die von der politischen Macht in der Türkei genutzte Sprache nährt die Intoleranz gegen die Kurden. Die Angriffe spiegeln die antikurdische Regierungspolitik wider. Faschistische Gruppen werden durch die Kriegspolitik der Regierung und die auf Krieg fokussierte Sprache ermutigt. Als HDP sagen wir seit unserer Gründung, dass die Völker friedlich zusammenleben können. Diese Hoffnung haben wir immer noch, trotz all der stattfindenden Angriffe. Wir stehen immer an der Seite der Angegriffenen. Die Angriffe sind nicht hinnehmbar, wir gehen dagegen sowohl juristisch als auch politisch vor.“

Rassistische Sprache polarisiert die Gesellschaft

Yaşar Kuçaş, Ko-Vorsitzender des Kreisverbands der HDP in Erdîş, weist auf das riesige Aufgebot von Polizei und Militär hin, das sich seit der Überführung des Leichnams aus Afyon in der Stadt befindet. Mittlerweile werde der kurdischen Bevölkerung in der Türkei nicht einmal zugestanden, ihre Toten zu beerdigen. Auch das Trauern werde behindert. Der Lokalpolitiker sieht eine Zunahme der rassistischen Angriffe und verurteilt den herrschenden Sprachgebrauch, mit dem Kurdinnen und Kurden sozusagen als „vogelfrei“ erklärt werden: „Alle Menschen in diesem Land müssen sich gegenseitig respektieren. Weil es hier keine Arbeit gibt, gehen die jungen Leute zwangsläufig in Städte wie Istanbul oder Ankara. Fern von ihren Familien und ihrer Heimat werden sie von Rassisten angegriffen und verlieren ihr Leben. Diese Angriffe sind unerträglich und müssen überall verurteilt werden.“

Durch den Rassismus werde die Polarisierung der Gesellschaft vorangetrieben, sagt Kuçaş: „Durch diese Angriffe entsteht eine große Wut in der Bevölkerung. Wenn sie nicht sofort unterbunden werden, wird der Abgrund zwischen den Völkern unvermeidbar immer größer. Dieses Land braucht Frieden, und das sofort. Die Angriffe und der rassistische Sprachgebrauch müssen sofort aufhören. Wo es keine Demokratie und keinen Frieden gibt, kann es auch keinen sozialen Frieden geben und die Wirtschaftskrise kann nicht überwunden werden. Kurden können heutzutage in den Städten der Westtürkei nicht einmal in ihrer Muttersprache miteinander sprechen. Dieses Unrecht muss aufhören.“