PKK gibt den Tod von Kasim Engin bekannt

Das führende PKK-Mitglied Kasim Engin ist am 27. Mai bei einem türkischen Luftangriff in Südkurdistan gefallen. Die PKK kündigt Rache an.

Das Exekutivkomitee der Arbeiterpartei Kurdistan (PKK) hat den Tod seines Mitglieds Kasim Engin (Ismail Nazlikul) bei einem Luftangriff der türkischen Armee auf das Gebiet Bradost in Südkurdistan am 27. Mai bekannt gegeben. In der heute veröffentlichten Erklärung spricht die PKK seiner Familie, der gesamten Partei und dem patriotischen Volk Kurdistans ihr Beileid aus und betont ihre Entschlossenheit, den Kampf weiterzuführen. Jeder menschliche Verlust, den die kurdische Befreiungsbewegung erleide, erhöhe die Wut und den Hass auf den Feind und die Entschlossenheit zum Widerstand, schreibt die PKK. Kurdistan werde von den Nachfolgerinnen und Nachfolgern von Kasim Engin befreit werden.

Jeder Moment der Freiheit gewidmet

Zur Biographie von Kasim Engin teilt die PKK mit, dass mit der Familie Nazlikul bereits zur Zeit der Parteigründung Kontakt bestand. Kasim Engin lernte die PKK in Europa kennen und übernahm seit 1985 verantwortliche Aufgaben in der Befreiungsbewegung. 1989 schloss er sich der PKK als „professioneller Revolutionär“ an. In Europa arbeitete er in den Bereichen Jugend, Kultur, Diplomatie und in der Organisierung der kurdischen Bevölkerung. 1990 ging er an die Mahsum-Korkmaz-Akademie im Libanon. Dort lernte er Abdullah Öcalan persönlich kennen. Nach seiner Ausbildung, die ihm ein Bewusstsein über die Realität des kurdischen Volkes vermittelte, wurde er als Kommandant in das Guerillagebiet „Südwesten“ geschickt, in dem er seine ersten Lebensjahre verbracht hatte.

1994 ging er für eine weitere Ausbildungseinheit erneut an die Akademie. Sein nächstes Einsatzgebiet war Botan, wo er lange Jahre erfolgreich als Guerillakommandant kämpfte. Danach ging er nach Südkurdistan. Dort war er in Behdînan, Bradost und Qendîl. Eine lange Zeit war er Presseverantwortlicher der Volksverteidigungskräfte HPG. Später arbeitete er im PKK-Komitee „Solidarität mit den Gefallenenfamilien“.

Wie die PKK schreibt, war neben dem Guerillakampf die ideologische Arbeit einer der wichtigsten Schwerpunkte im revolutionären Leben von Kasim Engin. Er setzte sich ausführlich mit der Philosophie Abdullah Öcalans auseinander und arbeitete daran, dieses Paradigma innerhalb der Partei und der Gesellschaft begreiflich zu machen und zu verbreiten. Dafür zeigte er in der Bildungs- und Pressearbeit unermüdlichen Einsatz. Er selbst sagte, dass er sein ganzes Wissen der Partei zu verdanken habe. Dieses Wissen mit seinen Weggefährt*innen zu teilen, war für ihn eine prinzipielle Einstellung. Er stellte eigene Untersuchungen an und konzentrierte sich dabei vor allem auf die Geschichte Kurdistans. Für ihn war die Auseinandersetzung mit der Geschichte des kurdischen Volkes die Voraussetzung für die Schaffung einer freien Zukunft. Zu diesem Zweck gab er Unterricht an den Parteischulen und schrieb das Buch „Dîrok Niha“ (Die Geschichte ist jetzt).

Kasim Engin konnte Türkisch und Deutsch, legte jedoch großen Wert darauf, sich in seiner Muttersprache Kurmancî zu verständigen. Er arbeitete systematisch an der Verbreitung der Philosophie der kurdischen Befreiungsbewegung und leistete einen maßgeblichen Beitrag zur Verschriftlichung von Inhalten aus den Bereichen Geschichte, Ideologie und Literatur. Als Maßstab galt für ihn das Arbeitstempo Abdullah Öcalans. Er selbst arbeitete praktisch Tag und Nacht und forderte dies auch von seinem jeweiligen Umfeld ein. Dabei zeigte er eine unerschöpfliche Energie und war ständig produktiv. Er hatte den Anspruch, jede Sekunde seines Lebens der Befreiung zu widmen. Gleichzeitig hatte er seine Weggefährt*innen im Blick und war immer zur Stelle, wenn jemand Unterstützung benötigte. Mit seinem geistigen Reichtum, seiner bescheidenen Persönlichkeit, seinem Witz, seinem Fleiß und seiner lebendigen Kreativität schuf er überall eine positive Atmosphäre, die sein Umfeld moralisch stärkte.

Wie die PKK schreibt, war die Frauenbefreiung im Paradigma Abdullah Öcalans für Kasim Engin von besonderer Bedeutung. In dem Bemühen um ein genossenschaftliches Verhältnis zu Frauen habe er sich quasi selbst neu erschaffen. Der Widerstand der kurdischen Frauenbewegung habe ihn stolz gemacht und er habe darauf vertraut, dass dieser Kampf auch die Männer befreit.

Zum Schluss heißt es in der PKK-Erklärung: „Das faschistische Regime sieht in dem ununterbrochenen Kampf der PKK und der Strategie des revolutionären Volkskriegs sein eigenes Ende. Aus diesem Grund führt es brutale Angriffe auf die Medya-Verteidigungsgebiete durch. Angesichts dieser Angriffe lassen die Jugend und die Frauen Kurdistans und das gesamte kurdische Volk die Reihen der PKK größer werden. Bis der Faschismus zerschlagen und der Sieg unserer Freiheitsbewegung gesichert ist, wird unser Kampf fortgesetzt werden. Die Fedai-Armee von Rêber Apo, das patriotische Volk Kurdistans und seine Freundinnen und Freunde werden weiter Widerstand leisten und dem völkermörderischen türkischen Staat die Antwort geben, die er verdient hat.

Das Volk Kurdistans hat einen sehr wertvollen Angehörigen verloren. Wir wissen jedoch, dass die Jugend Kurdistans dafür sorgen wird, dass der türkische Staat diesen Angriff bereut. Wir sprechen ein weiteres Mal der wertvollen Familie Nazlikul, dem Volk Kurdistans und allen Menschen, die für Freiheit kämpfen, unser Mitgefühl aus. Wir geben unser Wort, dass wir aus ganz Kurdistan und der Türkei, aus allen Bergen, Städten, Straßen, Fabriken und jedem Strich Boden, auf dem sich der Feind befindet, zu Orten der Rache für Kasim Engin und alle anderen Gefallenen machen werden.“