Nordkurdistan: Schikane am Kontrollpunkt

Der an der Kreuzung zwischen den nordkurdischen Städten Wan, Colemêrg und Gever gelegene Yeniköprü-Kontrollpunkt ist zu einem Mittel der Schikane gegen die Zivilbevölkerung geworden.

Jeden Tag kommt es am Yeniköprü-Kontrollpunkt zu Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und dem Militär. Der Kontrollpunkt ist zu einem regelrechten Ausdruck der Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung der widerständigen Region geworden. Da jedes Auto an der belebten Kreuzung durchsucht wird, bilden sich an der für die Provinz Colemêrg (Hakkari) zentralen Kreuzung, welche die drei Metropolen der Region verbindet, kilometerlange Staus in jede Richtung.

Die Strecke Wan-Colemêrg dauert normalerweise drei Stunden. Mittlerweile beträgt die Reisezeit mehr als zehn Stunden. Insbesondere, dass Alte, Schwangere und Kranke stundenlang an den willkürlichen Kontrollstellen warten müssen, hat wütende Reaktionen in der Bevölkerung hervorgerufen. Hunderte Autofahrer zeigen ihre Verärgerung durch Hupen, und es kommt immer wieder zu heftigen Spannungen zwischen der Bevölkerung und dem Militär.

Die Bedingungen in Colemêrg gehen über die des Ausnahmezustands hinaus

Trotz der offiziellen Aufhebung des Ausnahmezustands in der Türkei übertrifft der Umgang des Staates mit der kurdischen Bevölkerung in Colemêrg die Ausnahmezustandspraxen bei Weitem. Die AKP-Regierung setzt in Kurdistan immer wieder Kriegsrecht um. Das sowohl international als auch in der türkischen Verfassung verbriefte Recht der Bewegungsfreiheit wird faktisch aufgehoben. Reisen zwischen Städten sind aufgrund der als „Sicherheitsmaßnahmen“ des Staates errichteten Kontrollpunkte zu einem regelrechten Spießrutenlauf geworden. Insbesondere an dem neuen am Ausgang von Wan aufgebauten Kurubaş-, dem Hoşap-, Bebleşin- und Başkale-Kontrollpunkt, dem Yeniköprü- und dem Depin-Kontrollpunkt am Eingang von Colemêrg bilden sich kilometerlange Schlangen. Immer wieder werden Menschen festgenommen, weil sie gegen die schikanöse Behandlung an den Kontrollpunkten Widerspruch erheben.

Wir haben keine Geduld mehr mit dem Staat“

Ein Fahrer, der regelmäßig Reisende von Wan nach Colemêrg transportiert und seinen Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen möchte, sagt, die Bevölkerung sei nicht mehr bereit, diese Maßnahmen des Staates zu dulden. Ein weiterer Fahrer berichtet gegenüber ANF von einer täglichen Zunahme der schikanösen Behandlungen und erklärt: „Die AKP und der türkische Staat hegen eine große Feindschaft gegen die Bevölkerung von Colemêrg. Diese feindliche Haltung wird der Bevölkerung bei jeder Gelegenheit gezeigt. Das deutlichste Beispiel ist wie uns das Recht auf Reisefreiheit genommen wird, der Staat geht dabei auf eine an Folter grenzende Weise vor. Jeden Tag auf dem Weg zwischen Wan und Colemêrg erleben wir diese Quälerei. Das ist ein Weg der Folter, so etwas gibt es nirgends anders. Unsere Reisenden werden stundenlang an Kontrollpunkten festgehalten. Unter unseren Reisenden befinden sich Kranke, Schwangere, Alte und Babys. Dieses Vorgehen des türkischen Staates ist eine Menschenrechtsverletzung. Aber diese hasserfüllten und faschistischen Methoden des Staates gegen uns nützen gar nichts. Das kurdische Volk fürchtet sich weder vor dem türkischen Staat, noch vor seinen Methoden. Dieses faschistische Vorgehen bedeutet nicht unsere, sondern seine Niederlage.“

Das einzige, was der Staat tut, ist die Kurden zu unterdrücken“

Ein 70-jähriger Reisender auf der Strecke sagt: „Das Einzige, was sie mit den Kurden machen, ist, sie zu unterdrücken. Kein Staat konnte sich bis heute durch Unterdrückung auf den Beinen halten. Durch ihre Grausamkeiten beschleunigen sie nur ihren eigenen Zusammenbruch. Obwohl die Reise von Wan nach Colemêrg nur drei Stunden dauert, lassen sie uns allein acht Stunden in Yeniköprü warten. In meinem Alter erlebe ich diese Unterdrückung. Eines Tages werden sie dafür die Rechnung erhalten.“