Neue Festnahmewelle in Wan

Polizei und Gendarmerie haben in Wan zahlreiche Wohnungen durchsucht, rund 30 Menschen sind in Gewahrsam. Der Grund ist unklar.

Politischer Vernichtungsfeldzug

In Wan (tr. Van) begann die neue Woche mit einer weiteren Festnahmewelle gegen die demokratische Opposition. Rund dreißig Menschen wurden bei frühmorgendlichen Razzien in nahezu allen Landkreisen der kurdischen Provinz festgenommen, darunter auch mehrere Frauen. Wie es aus Anwaltskreisen heißt, sollen neben gewöhnlichen Polizeieinheiten auch Trupps der Gendarmerie (Militärpolizei) an der Festnahmeoperation beteiligt gewesen sein. Es werde befürchtet, dass die Zahl der Festnahmen im Laufe des Tages weiter steigen könnte.

Der Grund für die Festnahmen sei unbekannt, Polizei und Gendarmerie äußerten sich demnach noch nicht. Alle bisher Festgenommenen wurden in das Präsidium in der Provinzhauptstadt Wan gebracht. Der Ortsverband der Anwaltsvereinigung ÖHD konnte die Namen von 16 Personen bestätigen, die sich in Gewahrsam befinden. Die Identität von mehr als einem Dutzend weiteren Menschen sei noch unklar.

Fast täglich Operationen und Festnahmen

In der Türkei finden nahezu täglich Festnahmeoperationen gegen die kurdisch-demokratische Opposition statt. Wer sich politisch, sozial oder zivilgesellschaftlich engagiert, weiß beim Einschlafen nie, ob am Morgen die Wohnungstür von der Polizei eingeschlagen wird. In der Regel sind es Aktive und Handelnde der HDP-Nachfolgerin DEM, die aus dem Weg geräumt werden sollen. Der drittgrößten Kraft im türkischen Parlament wird Verbundenheit mit der PKK vorgeworfen. Die Partei weist die Vorwürfe zurück und kritisiert das Vorgehen gegen ihre Mitglieder und Unterstützende als politisch motiviert.

Repression in Wan

In Wan kam es in den vergangenen Wochen häufiger zu Festnahmen, oftmals im Zusammenhang mit den Protesten gegen den versuchten Wahlputsch. In der Provinz war es nach der Kommunalwahl vom 31. März teils zu Straßenschlachten gekommen, nachdem der Sieg des neugewählten Ko-Oberbürgermeisters Abdullah Zeydan (DEM) annulliert wurde und der zweitplatzierte AKP-Kandidat das Amt antreten sollte. Ein Gericht hatte Zeydans Kandidatur nachträglich für ungültig erklärt. Nach tagelangen Protesten wurde die Entscheidung rückgängig gemacht. Bei dem Aufstand in Wan wurden rund 350 Menschen festgenommen, mindestens dreißig Personen wurden verhaftet. Die türkische Polizei war mit massiver Gewalt gegen die Demonstrierenden vorgegangen und hatte neben Wasserwerfern und Tränengas auch Gummigeschosse eingesetzt. Recherchen der Menschenrechtskommission der örtlichen Anwaltskammer ergaben, dass etwa 400 Menschen im Verlauf der Proteste und/oder in Gewahrsam der Polizei verletzt wurden.