KCK: Qendîl soll besetzt werden

Türkei und PDK haben sich auf eine Belagerung der Qendîl-Region geeinigt. Der Standort der Guerillaeinheit, die von der türkischen Luftwaffe bombardiert wurde, ist aus dem PDK-Camp in Zînê Wertê verraten worden.

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat sich zu den Angriffen auf das Flüchtlingslager Mexmûr und das Gebiet Zînê Wertê in den Qendîl-Bergen vom Mittwoch geäußert. In der Erklärung der Ko-Vorsitzenden des Exekutivrats heißt es: „Bei den am gleichen Tag stattgefundenen Luftangriffen des türkischen Staates auf das Flüchtlingslager Mexmûr und das Guerillagebiet in der Gemeinde Zînê Wertê, in der sich die PDK militärisch niedergelassen hat, sind drei Zivilistinnen und drei Guerillakämpfer*innen gefallen.“

Mexmûr-Camp soll aufgelöst werden

„Der türkische Staat und die PDK verfolgen eine gemeinsame Politik für die Auflösung des Camps Mexmûr. Der türkische Staat greift Mexmûr wegen der Verbundenheit der Camp-Bevölkerung mit Rêber Apo [Abdullah Öcalan] und der PKK an. Die PDK begründet diese Angriffe mit dem dort bestehenden Einfluss der PKK. Und der türkische Staat legitimiert seine Angriffe, indem er sich auf diese Verlautbarungen einer kurdischen Partei bezieht.

Das Flüchtlingslager Mexmûr liegt in einem Gebiet unter der Verantwortung sowohl des Irak als auch der Föderation Südkurdistans. Es wird vom UNHCR betreut. Weder die UN noch der Irak und die PDK haben bisher auf die zahlreichen Luftangriffe auf das Camp reagiert. Erst bei dem letzten Angriff hat der irakische Staat die notwendige Haltung eingenommen und sich positioniert“, so die KCK.

PDK will die Kapitulation von Mexmûr erreichen

Weiter führt die KCK aus: „Die Menschen aus Mexmûr haben 2014 Widerstand gegen den IS geleistet und das Einfallstor nach Hewlêr [Erbil] gehalten. Die Haltung der PDK kann von keinem Kurden und keinem Menschen mit einem Gewissen hingenommen werden. Die PDK kann die Verbundenheit der Bevölkerung von Mexmûr mit Rêber Apo nicht tolerieren und will erreichen, dass die Menschen vor ihrer Politik kapitulieren. Die Menschen in Mexmûr glauben, dass sie vom türkischen Staat bombardiert werden, weil sie dem Drängen der PDK nicht nachgegeben haben. Sie sagen, dass auch das Embargo und die seit zehn Monaten andauernde Blockade aus diesem Grund weiter andauern. Unser Volk in allen vier Teilen Kurdistans will, dass die PDK das Embargo aufhebt und sich gegen die Angriffe des türkischen Staates positioniert.

Information über Guerillastandort kam aus dem PDK-Camp

Die PDK hat in Zînê Wertê einen Peschmerga-Stützpunkt errichtet, um das Guerillagebiet zu belagern. Bei dem Luftangriff auf Zînê Wertê sind drei Guerillakämpfer*innen aus Rojhilat [Ostkurdistan], Rojava [Westkurdistan] und Bakur [Nordkurdistan] gefallen. Die dreiköpfige Guerillaeinheit ist zuvor in das Camp der PDK-Peschmerga gegangen und hat sie aufgefordert, von dort wegzugehen, weil ihre dortige Präsenz nicht richtig ist. Anschließend hat die Guerillagruppe das Camp verlassen und an einem nahe gelegenen Ort gelagert. Ein Tag später hat die türkische Luftwaffe ihren Lagerplatz bombardiert und die drei Guerillakämpfer*innen sind gefallen. Der Luftangriff war das Ergebnis einer Denunziation. In der Nähe des Guerillastandortes befinden sich weder Wohnhäuser noch Nomadenzelte. Das bedeutet, dass die Information über den Standort aus dem PDK-Camp übermittelt worden ist.

Qendîl soll besetzt werden

Die Stationierung der PDK an einem Punkt, von dem aus das Guerillagebiet kontrolliert werden kann, ist erfolgt, nachdem sich der türkische Staat mit der PDK auf eine Belagerung der Qendîl-Region geeinigt hat und die Information eingetroffen ist, dass zu gegebener Zeit ein Angriff auf Qendîl stattfinden wird. Ohne die Unterstützung der PDK kann der türkische Staat Qendîl nicht angreifen. Wenn es keinen Angriffs- und Besatzungsplan für Qendîl geben würde, wäre eine Präsenz der PDK in Zînê Wertê kein Thema. Ganz offenbar wird der türkische Staat der PDK die notwendige Unterstützung bieten, wenn es zu einem Konflikt mit der Guerilla kommt. Das zeigt der Angriff auf die kleine Guerillagruppe nach deren Besuch in dem PDK-Camp.

Der türkische Staat probiert alle Wege und Methoden aus, um die kurdische Befreiungsbewegung zu zerschlagen. Wo auch immer es eine kurdische Errungenschaft gibt, greift er an. Die kurdische Öffentlichkeit weiß nur zu gut, wie sich der türkische Staat 2017 nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Südkurdistan verhalten hat. Das Schüren von Konflikten unter den kurdischen politischen Bewegungen ist eine grundlegende Methode des türkischen Staates bei der Bekämpfung der kurdischen Befreiungsbewegung. In diesem Rahmen soll ein bewaffneter Konflikt zwischen der PDK und der PKK hervorgerufen werden. Es werden sogar andere politische Kräfte dazu gedrängt, sich gegen die PKK zu positionieren.

Trotz der türkischen Haltung zu dem Referendum von 2017 sind die Beziehungen zwischen der Türkei und der PDK in den letzten Jahren ausgebaut worden. Auch die Besatzungsoperation in Xakurke hat im Rahmen dieser Beziehungen stattgefunden. Und jetzt soll basierend auf diesen Beziehungen Qendîl angegriffen werden. Die Präsenz der PDK in Wertê lässt keinen anderen Schluss zu. Die PDK leistet damit der Berechnung des türkischen Staates Folge, eine direkte Auseinandersetzung zwischen PDK und PKK zu provozieren.

Der Guerilla den Krieg erklärt

Wir wollen mit keiner kurdischen politischen Bewegung Konflikte. Wir haben gedacht, dass die Kämpfe zwischen kurdischen Parteien vorbei sind. Darauf haben wir trotz vieler verschiedener negativer Entwicklungen großen Wert gelegt. Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass die PDK militärische Kräfte in einem Gebiet stationiert, von dem aus Qendîl kontrolliert werden kann. Auch die YNK hat ihr Unbehagen darüber gezeigt. Indem die PDK militärische Einheiten nach Wertê verlegt, will sie die Guerilla aus dem Gebiet verdrängen. Das geschieht natürlich auf Wunsch des türkischen Staates. Im Grunde genommen hat die PDK der Guerilla den Krieg erklärt. Das zeigt der türkische Luftangriff auf die drei Guerillakämpfer*innen, die den PDK-Peschmerga gesagt haben, dass ihre Präsenz in Wertê nicht richtig ist.

Rückzug der PDK wäre im Interesse des kurdischen Volkes

Wir wollten der PDK auf angemessene Weise erklären, dass der von ihr gesetzte Schritt nicht richtig ist und zu Anspannungen und Gefechten führen kann. Wir haben mitgeteilt, dass alle Kräfte auf ihren Positionen bleiben müssen. Unsere verantwortungsbewusste Herangehensweise wurde jedoch missachtet und hat zum Tod von drei Guerillakämpfer*innen geführt. Die Präsenz der PDK in Wertê dient keinen kurdischen Interessen und bedeutet lediglich das Beharren auf einer Haltung, die die Feinde der Kurden erfreut. Der Rückzug der PDK würde dem gesamten kurdischen Volk nützen. Das ist es, was unser Volk, die kurdische Öffentlichkeit und alle Freunde der Kurden von der PDK erwarten.

Position gegen innerkurdischen Konflikt beziehen

Die Belagerung von Qendîl durch die PDK und ihr Beharren auf ihrer dortigen Präsenz als Teil der türkischen Angriffs- und Zersetzungspolitik betrifft das freie und demokratische Leben des gesamten kurdischen Volkes. Inzwischen gibt es ein bewusstes kurdisches Volk und eine bewusste Öffentlichkeit. Dass alle kurdischen politischen Kräfte diesen Willen beachten, ist eine patriotische und demokratische Verpflichtung. Das kurdische Volk, seine Intellektuellen und Kunstschaffenden sowie die gesamte kurdische Öffentlichkeit müssen deutlich machen, dass sie diese Situation nicht akzeptieren. In derartigen Situationen ist die Haltung unseres Volkes und der kurdischen Öffentlichkeit die beste Intervention.

Den Feinden der Kurden keine Freude machen

Die PDK lässt offen ihre Peschmerga auf unsere Befreiungsbewegung los. Dieser Schritt ist für niemanden außer dem türkischen Staat und den Feinden der Kurden von Vorteil. Hinsichtlich der Interessen des kurdischen Volkes begeht die PDK einen historischen Fehler, in den sie auch die kurdische Befreiungsbewegung mit hineinziehen möchte. Daher ist es sehr wichtig, dass das kurdische Volk und seine Freunde sofort Position beziehen.

Wir erwarten immer noch, dass die PDK sich dem gesunden Menschenverstand angemessen verhält. Das haben wir bisher immer getan. Wir hoffen, dass die gegenwärtige Anspannung ein positives Ende findet und sich keine Situation daraus entwickelt, die den Feinden der Kurden Freude bereitet. Es ist unser größter Wunsch, dass der Tod der Guerillakämpfer*innen nicht den Anlass für bewaffnete Konflikte bietet, sondern eine positive Situation daraus entsteht.

Wir glauben daran, dass alle kurdischen politischen Kräfte, unser Volk, die kurdische Öffentlichkeit und unsere Freunde ihre dafür notwendige Rolle erfüllen werden. Den Angehörigen der in Mexmûr und Wertê Gefallenen und dem gesamten kurdischen Volk sprechen wir unser Beileid aus.“