KCK: Pogrom von Maraş bezweckte den Genozid an alevitischen Kurden

Anlässlich des Jahrestages des Pogroms von Maraş hat die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) die kurdisch-alevitische Bevölkerung zum Kampf gegen den Genozid aufgerufen.

Zwischen dem 19. und 26. Dezember 1978 fand in der Stadt Maraş (kurdisch: Gurgum) ein Massaker türkischer rechter Paramilitärs an Aleviten statt. Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) wertet dieses pogromartige Massaker als Teil eines breiter angelegten Genozids des türkischen Staates an der kurdisch-alevitischen Bevölkerung  der Region. Mit einer schriftlichen Erklärung ruft die KCK anlässlich des Jahrestages des Pogroms von Maraş zum Widerstand gegen diesen Genozid auf.

Die Erklärung lautet wie folgt:

„Zum 41. Jahrestag des Pogrom von Maraş gedenken wir allen gefallenen alevitischen Kurd*innen und Revolutionär*innen. Wir möchten an dieser Stelle auch unser Versprechen erneuern, dass wir das Gedenken an sie in unserem Kampf für eine demokratische Türkei und für ein freies Kurdistan aufleben lassen werden.

Das Pogrom von Maraş hat den Boden für den Faschismus des 12. Septembers (1980; Datum des Militärputsches) bereitet. Mit diesem Pogrom wurde die Politik des Genozids an den Alevit*innen beschleunigt, der Kampf gegen die kurdische Freiheitsbewegung und alle revolutionären Kräfte aufgenommen, sowie die Vorbereitung für den faschistischen Putsch des 12. Septembers getroffen. Der nach dem Pogrom ausgerufene Ausnahmezustand diente nicht dazu, die Täter zu verfolgen, sondern die Opfer ein weiteres Mal anzugreifen, was letztlich auch unter Beweis stellte, wer die Strippen hinter diesem Pogrom gezogen hat.

Im Stadtzentrum von Maraş lebte bis dahin eine bedeutende Zahl an alevitischen Kurd*innen. Einige Stadtteile waren praktisch vollständig kurdisch-alevitisch bevölkert. Nach dem Pogrom wurden alle alevitischen Kurd*innen aus dem Stadtzentrum vertrieben und auch in den umliegenden Dörfern der Provinz flüchteten viele von ihnen in die westtürkischen Metropolen oder in Richtung Europa. Dieses Massaker hat nicht alleine die kurdisch-alevitische Bevölkerung von Maraş, sondern auch die westlich des Euphrats lebenden alevitischen Kurd*innen in Meletî (Malatya), Sêwas (Sivas), Semsûr (Adıyaman), Erzîngan (Erzincan) und Dersim ins Visier genommen. Es hat die Entvölkerung der alevitischen Kurd*innen aus ihrer Heimat beschleunigt. Mit dem Putsch vom 12. September wurde dann dafür gesorgt, dass faktisch so gut wie keine kurdisch-alevitische Bevölkerung mehr im Westen des Euphrats lebte. Wie durch das Pogrom von Maraş beabsichtigt, wurde in dieser Region geradezu ein Genozid an der kurdisch-alevitischen Bevölkerung vollzogen. Mit Hilfe von physischer Auslöschung und einer umfassenden Vertreibungspolitik wurden diese Gebiete frei von Alevit*innen und Kurd*innen gemacht.

Der als Plan für den Genozid an den Kurd*innen entworfene „Reformplan-Ost“ (Şark Islahat) hat zunächst die Region Dersim und die Gebiete westlich des Euphrats ins Visier genommen. Mit dem Genozid von Dersim 1938 wurde mit Hilfe von physischen und psychischen Angriffen auch der sogenannte weiße Genozid (kultureller Genozid) an der kurdisch-alevitischen Bevölkerung aufgenommen. Durch das Pogrom von Maraş wurde der weiße Genozid dann auf eine höhere Ebene getragen. Dass heute in den Dörfern der Region fast nur noch ältere Menschen leben, zeigt wie sehr dieser Genozid sein Ziel erreicht hat.

Durch das Gedenken den Genozid bekämpfen

Aus diesem Grund muss das Gedenken an die Opfer des Pogroms von Maraş immer auch das Ziel haben, den Genozid zu bekämpfen, ihn zu stoppen und ihn in sein Gegenteil zu verkehren. Wenn wir nicht dem vollständigen Ende des Alevitentums gedenken wollen, dann müssen wir den Idealen unserer Gefallenen folgen und für die Verwirklichung dieser eintreten. Das sollte die historische Verantwortung aller Alevit*innen sein. Und hierfür muss zuallererst der Exodus der Alevit*innen aus ihren Heimatregionen gestoppt werden. Der historischen Verantwortung des Alevitentums gerecht zu werden, heißt auch, dass die Menschen in ihre Dörfer in Maraş, Meletî (Malatya), Sêwas (Sivas), Semsûr (Adıyaman), Erzîngan (Erzincan) und Dersim zurückkehren sollten, um dort ihre Identität und ihren Glauben wiederaufleben zu lassen.

Zum Jahrestag des Pogroms von Maraş sind wir davon überzeugt, dass wir alle im Bewusstsein des bezweckten Genozids unseren Kampf hiergegen vieldimensional fortsetzen müssen. Wir versprechen, dass wir Schulter an Schulter mit allen demokratischen Kräften weiter kämpfen werden, bis Maraş und die übrigen Gebiete westlich des Euphrats wieder zu einem Raum werden, in welchem die alevitische Kultur und die kurdische Identität wiederaufleben können.“