Karayılan: Die Entscheidung der USA besitzt keine Gültigkeit

Murat Karayılan vom Exekutivrat der PKK erklärt: „Die Fahndung der USA hat für uns weder Relevanz noch Gültigkeit. Wir sind seit Jahren in den kurdischen Bergen und stützen uns auf unsere eigene Kraft und werden auch immer dortbleiben.“

In einem bei Stêrk TV ausgestrahlten Interview erklärte Murat Karayılan zur US-Fahndung nach ihm und zwei anderen Führungskadern der kurdischen Freiheitsbewegung: „Wir sind seit Jahren vollkommen unabhängig in den kurdischen Bergen und stützen uns auf unsere eigene Kraft, wir werden auch immer dortbleiben. Deswegen ist diese Entscheidung für uns nicht so wichtig. Außerdem bedeutet die Vernichtung von drei Personen nicht die Vernichtung der PKK. Wenn so etwas bei der PKK möglich wäre, dann wäre die PKK bereits vernichtet worden, als die USA im zwischenstaatlichen Komplott den Vorsitzenden Apo ergriffen und an die Türkei übergeben haben. Das ist nun 20 Jahre her und die PKK ist im Vergleich zu früher um ein Vielfaches größer und stärker. Die PKK ist eine Ideologie, eine Philosophie, ein Geist und sie hat zehntausende Kader. Aus diesem Grund kann man die PKK nicht mit der Ausschaltung von drei Personen zurückwerfen, das sollten alle wissen.“

Karayılan erklärte, dass die Kurden eines der ältesten Völker im Mittleren Osten sind und dass sie selbst aus dieser gesellschaftlichen Realität heraus kämpfen: „Wir sind es nicht, die einmarschiert sind und Heim und Herd von irgendwem niedergerissen haben, wir haben niemandem geschadet. Wir haben nicht auf fremden Grund ein Haus gebaut. Unser eigenes Heim soll vernichtet werden. Wir üben gegenüber dieser Besatzung, Brutalität und Vernichtungspolitik unsere grundsätzlichste menschliche Pflicht aus und wir sind stolz darauf, diese heilige Aufgabe zu erfüllen.“

Kurdische Frage ist ein Problem, das über die PKK hinausgeht

Karayılan wies auf die Intention hinter Entscheidungen wie der US-Fahndung hin, die kurdische Frage als Terrorproblem darzustellen: „Nur ist der kurdische Befreiungskampf kein Terrorproblem. Das Problem geht über drei Personen, über die PKK hinaus, es ist die Frage der Existenz eines Volkes. Mit dieser Entscheidung soll ein Schatten auf die Legitimität der kurdischen Frage, des kurdischen Volkes und des Freiheitskampfes des kurdischen Volkes geworfen werden. Aus diesem Grund richtet sich dieser Angriff nicht nur gegen uns, sondern gegen das gesamte kurdische Volk, er ist Ausdruck einer würdelosen und negativen Haltung. Der türkische Kolonialismus praktiziert in einer nationalistischen Hysterie eine politische Vernichtungspolitik gegen das kurdische Volk. Eine solche Entscheidung zu treffen, heißt nichts anderes, als das Unrecht gegenüber dem kurdischen Volk zu bestätigen, dabei mitzumachen und Komplize zu sein.“

Angriff auf die Kampagne „Freiheit für Öcalan“

Karayılan bezeichnete die Entscheidung der USA als Fortsetzung des internationalen Komplotts und erklärte: „Es ist bezeichnend, dass diese Entscheidung in einer Zeit kommt, in der sich das Paradigma Öcalans verbreitet, die Bemühungen um seine Freiheit zunehmen und die Freiheitskampagne gewachsen ist. Die Entscheidung stellt eine Intervention gegen die Freiheitskampagne dar. Außerdem ist die Tatsache, dass diese Entscheidung vor der Gerichtsentscheidung gefällt worden ist, eine Botschaft. Es heißt jetzt: ‚Der IS ist keine Bedrohung mehr, jetzt sollten wir uns auf die Zerschlagung und Vernichtung der PKK konzentrieren.‘ In diesem Sinne ist der Angriff bedeutsam, es handelt sich um eine Fortsetzung des Komplotts und man will dessen Ziel vollständig erreichen. So sieht es nach unseren Informationen momentan aus.“

Iran soll bedrängt werden

Karayılan analysierte weiter, die USA und ihre Unterstützer wollten den Iran umzingeln und die Kurden als „nützliche Idioten“ dafür benutzen: „Der Gedanke dahinter lautet: Südkurdistan ist gut, das sind meine Freunde, Rojava-Kurdistan ist auch gut, sie können Freunde sein, Ostkurdistan ist bedürftig, denen geben wir Geld, die lasse ich für mich arbeiten und benutze sie; Nordkurdistan lasse ich außen vor und ziehe die Türkei an meine Seite, mache sie zu meinen Soldaten. Ich mobilisiere die Türkei gegen den Iran und opfere die kurdische Befreiungsbewegung, um meine eigenen Interessen zu schützen.“

Ein historischer Augenblick

Karayılan weiter: „Wir sind aber keine Kinder, wir akzeptieren diese Haltung nicht. Einen Teil von uns unter das Messer des Genozids durch den türkischen Staat zu legen, uns der Gnade des türkischen Faschismus und Chauvinismus zu überlassen und uns dann zu sagen, wir sollten den USA gegenüber eine andere Haltung einnehmen und ihre Soldaten werden, das akzeptieren wir nicht. In dieser Hinsicht sind wir mit einem historischen Wendepunkt konfrontiert. Dieser Moment ist für die Kurdinnen und Kurden von entscheidender Bedeutung. Jetzt müssen die Kurden ihre Einheit zeigen. Jeder sollte wissen, wir Kurden sind weder Idioten noch Kinder, noch sind wir ein Stamm, nein, wir sind eine Nation. Ein Angriff auf einen Teil unserer Nation ist ein Angriff auf alle. Der faschistische türkische Staat zielt mit seiner vermeintlich gegen die PKK gerichteten Politik auf alle kurdischen Errungenschaften ab. Jetzt haben die USA mit ihrer Entscheidung deklariert, dass sie an der Seite der türkischen Politik stehen. Das ist ebenfalls eine Entscheidung gegenüber allen Kurdinnen und Kurden.“

Dokumente im Pentagon

Karayılan wies auf die Worte des Sonderbeauftragten der USA für Syrien, James Jeffrey, hin: ‚Wenn es keine aktive Beteiligung der Türkei und keine Koordination mit ihr gegeben hätte, hätten wir das, was wir in Nordsyrien getan haben, nicht umsetzen können.‘ Dazu erklärte Karayılan: „Herr Jeffrey sollte mal in die Dokumente des Pentagons aus den Jahren 2014 und 2015 schauen. Die Mitglieder das Pentagon selbst, die dortigen Generale haben selbst festgestellt, dass es eine enge Verbindung zwischen dem IS und dem türkischen Staat gibt. Die Vertreter der USA haben immer wieder gesagt: ‚Wenn wir die Beziehungen zwischen dem IS und der Türkei nicht kappen, können wir den IS nicht zerschlagen.‘ Das war der Hauptanlass für die Operation der YPG gemeinsam mit der US-geführten internationalen Koalition auf Girê Spî, also Tell Abyad, gegen den IS. Das Ziel war es, die Verbindung zwischen Raqqa und Ankara zu unterbrechen. Russland wusste ebenfalls genau, wie der türkische Staat das Öl aus dem IS-Gebiet geholt und verkauft hat und ebenso wie der türkische Staat den IS unterstützte. Weil die USA es wussten, haben sie ihre Operationen gegen den IS nicht mit der Türkei, sondern zusammen mit den YPG durchgeführt. Zusammen mit dem türkischen Staat hätte das gar nicht funktionieren können, denn der türkische Staat agierte gemeinsam mit dem IS.

Nun treffen die USA eine solche Entscheidung, als ob sie das alles vergessen hätten und so etwas nicht passiert wäre. Das ist eine falsche Haltung. Erdoğan hat den IS mit allen Mitteln unterstützt und hilft ihm auch im Moment, denn das Konzept Erdoğans und das des IS gleichen sich. Ihre Mentalität, ihre Haltung ist die gleiche. Wenn jemand sagt, dass das nicht stimmt, dann möchte ich ihm folgendes mitteilen: Agieren im Moment 30.000 Dschihadisten von al-Qaida und al-Nusra unter dem Befehl Erdoğans oder nicht? Das findet vor aller Augen statt.“

Der Krieg wird sich weiter verschärfen

Karayılan betonte, die Entscheidung der USA werde den Krieg weiter vertiefen: „Denn sie wollen das Blut der Kurden vergießen, sie setzen auf ihre schmutzigen Profite auf Kosten der Kurden. Wir werden darauf vorbereitet sein. Wir wollen unser natürlichstes Recht, auf unserem eigenen Boden frei zu leben. Wir wollen nichts weiter als das.“

Der türkische Kolonialismus steht für Terror

Karayılan sagte weiter: „Wir, die PKK, stehen für Frieden, Dialog und Freiheit im Mittleren Osten. Der faschistische türkische Kolonialismus und sein Staat sind diejenigen, die sich auf Terror, Krieg und Gewalt stützen. Wir vertreten die Demokratie, den Freiheitskampf, die menschlichen Werte und wollen Koexistenz. Wir wollen die Geschwisterlichkeit der Völker. Wir zielen auf die Einheit und das Zusammenleben der Völker ab. Der türkische Staat ist ein Vertreter des Rassismus, der Diktatur, er ist derjenige, der immer wieder zur Gewalt greift. Das ist offensichtlich.

Wir können uns selbst zu verteidigen und brauchen niemandes Erlaubnis

Wir sind in Kurdistan bis zu dem heutigen Punkt gekommen, indem dem wir uns auf unsere eigene Kraft und die Kraft unseres Volkes stützen und das wird auch in Zukunft immer so bleiben. Wir sind offen für diejenigen, die Geschwisterlichkeit und Einheit auf demokratischer Grundlage wollen. Wir sind offen für jede Organisation, Institution, Person, jedes Volk, das Beziehungen zum Nutzen der Völker knüpfen will. Soll uns angreifen wer will, wir haben auch die Kraft, uns zu verteidigen. Dazu brauchen wir niemanden. So wie wir uns bis heute geschützt haben, so sind wir auch in Zukunft in der Lage uns gegen jeden Angriff zu verteidigen. Unser Kampf ist legitim und gerecht. Deswegen brauchen wir von niemandem eine Erlaubnis oder Unterstützung. Wir werden siegen, denn unser Volk ist mit uns. Die Quelle unserer Kraft ist die Ideologie und Philosophie des Vorsitzenden Apo, die Unterstützung unseres Volkes und unsere eigene Energie.“

Die Befreiung Öcalans ist die Befreiung der Völker

Karayılan schloss mit den Worten: „Die Freiheit des Vorsitzenden Apo bedeutet die Freiheit der Region und aller Völker. Er möchte im Mittleren Osten ein neues Zeitalter der Freiheit aufbauen. In diesem Sinne bedeutet die Forderung nach der Freiheit des Vorsitzenden die Freiheit des kurdischen Volkes und in diesem Sinne alle Völker. Sowohl unser Volk als auch unsere Freundinnen und Freunde sollten daher noch mehr für seine Freiheit kämpfen, ihre Aktionen verstärken und Machenschaften der Besatzer auf diese Weise scheitern lassen.

Wir sind ein Volk, keine Terroristen. Wir haben eine Haltung und Praxis gegen jeden Terror und jede Ungerechtigkeit. Wir sind eine historische und gesellschaftliche Realität. Je mehr wir diese Realität nach außen tragen, desto bessere Ergebnisse werden wir erzielen. Wir sind dabei, in eine neue historische Phase einzutreten, und wir sind voller Hoffnung. Die Bedingungen für unseren Sieg sind günstig. Wir arbeiten daran politisch, diplomatisch, gesellschaftlich und militärisch. Auf dieser Grundlage wollen wir das 41. Jahr der PKK zu einem Jahr großer Errungenschaften machen.“