KADEP-Vorsitzender in der Türkei zu Haftstrafe verurteilt

Der 78 Jahre alte Vorsitzende der prokurdischen Partei der partizipatorischen Demokratie, Lütfü Baksi, ist in der Türkei wegen Terrorvorwürfen zu einer über sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Der Vorsitzende der Partei der partizipatorischen Demokratie (türk. „Katılımcı Demokrasi Partisi” – KADEP), Lütfü Baksi, ist in der Türkei wegen sogenannten Terrorvorwürfen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Als Beweis in dem vor dem 11. Schwurgerichtshof von Diyarbakir (kurd. Amed) verhandelten Verfahren wurde die Teilnahme des 78-jährigen kurdischen Politikers an Versammlungen der zivilgesellschaftlichen Organisation DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress) herangezogen.

In dem Verfahren gegen Baksi konstruierte die zuständige Staatsanwaltschaft, dass die Graswurzelorganisation DTK das „Legislativorgan der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK)“ darstelle, und sah in den politischen Beziehungen des KADEP-Vorsitzenden ausreichende Beweise, um ein Strafmaß von bis zu 20 Jahren zu fordern. Seine Verteidigerin Feride Laçin wies die Vorwürfe gegen ihren Mandanten entschieden zurück und erklärte, dass Baksis Anwesenheit bei Veranstaltungen des DTK keine Straftat darstelle. Schließlich handele es sich bei der Organisation um einen legalen Zusammenschluss.

Das Gericht sprach den Politiker vom Vorwurf der Terrorpropaganda frei, folgte hinsichtlich des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Baksi selbst war nicht im Gerichtssaal anwesend.

Demokratischer Gesellschaftskongress

Der Demokratische Gesellschaftskongress DTK (kurd. Kongreya Civaka Demokratîk) fungiert als Dachverband politischer Parteien, zivilgesellschaftlichen Organisationen, religiösen Gemeinden sowie Frauen- und Jugendorganisationen. Er versteht sich als gesellschaftlicher Gegenentwurf zu staatlichen Strukturen, der – gestützt auf Räte- und Basisdemokratie –Konzepte zur Selbstorganisierung der Bevölkerung und Alternativen der kommunalen Selbstverwaltung erarbeitet.

Obwohl der DTK als höchstes Gremium der Demokratischen Autonomie unmittelbar nach seinem Gründungskongress kriminalisiert und mit Ermittlungsverfahren überzogen wurde, arbeitete die türkische Regierung zwischen 2005 und 2014 intensiv mit dem Dachverband zusammen, um gemeinsam den damals möglichen Friedensprozess zu verhandeln. Der DTK wurde von der AKP sogar gebeten, an einer neuen Verfassung für die Türkei mitzuarbeiten. Aktuell scheint ein Verbotsverfahren in Vorbereitung zu sein. Seit einiger Zeit wird der DTK als terroristische Vereinigung wieder juristisch kriminalisiert.