Irakischer Staat agiert auf türkischen Druck gegen Mexmûr

Sait Çömlek, Sprecher des Komitees für Außenbeziehungen des selbstverwalteten Flüchtlingslagers Mexmûr im Süden Kurdistans, betont, die Repression des irakischen Staates gegen das Lager gehe auf den Druck der Türkei und der PDK zurück.

Das selbstverwaltete Flüchtlingslager Mexmûr ist ein Beispiel der basisdemokratischen Organisierung. Seit Jahren wird das vorwiegend von Geflüchteten aus Nordkurdistan bewohnte Camp jedoch massiver Repression, einem Embargo und vielen weiteren Einschränkungen ausgesetzt. Der Sprecher des Komitees für Außenbeziehungen des selbstverwalteten Flüchtlingslagers Mexmûr, Sait Çömlek, erklärt im ANF-Gespräch dazu: „Es ist nicht richtig, das Lager zu kriminalisieren. Das akzeptieren wir nicht. Wir wissen, dass dies auf Ersuchen und Druck der Türkei und der PDK geschieht. Wir sind bereit, alle rechtlichen Schritte zu gehen. Es ist illegal, hier Stacheldraht zu verlegen und Mauern zu bauen. Wir werden uns dem entgegenstellen.“


Das ökonomische Embargo

Dem Leben im Camp stünden zwei Faktoren entgegen, so Çömlek: „Einer von ihnen ist der türkische Staat und der andere ist die PDK. Wir werden seit Jahren von diesen beiden Kräften angegriffen. Zusätzlich zu dieser Unterdrückung fanden ständig türkische Luftangriffe statt. Wir sind seit drei Jahren einem Embargo der PDK ausgesetzt. Dieses Embargo betrifft das Leben der Bevölkerung hier politisch, wirtschaftlich und sozial. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass neue Angriffe auf unser Lager bevorstehen.“

Zur Versorgungslage sagt Çömlek: „In den letzten zwei Jahren war es unser Ziel, neue Wege zu finden, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Das ist uns auch bis zu einem gewissen Grad gelungen. Es wurden Arbeitsmöglichkeiten gefunden, vor allem in Mosul, Bagdad und Basra. Aufgrund der Blockade der Wege nach Kerkûk kommen die Arbeiterinnen und Arbeiter sowie andere Menschen aus der Bevölkerung nicht nach Silêmanî. Deshalb gehen wir nach Mosul, Bagdad, Basra und in andere Teile des Irak. Manchmal werden uns auch auf diesen Straßen Hindernisse in den Weg gelegt. Aber wir haben keine andere Möglichkeit, in irakische Städte zu gelangen.“

Permanente IS-Bedrohung

Auch die Bedrohung durch den „Islamischen Staat“ (IS) bestehe für das Camp weiter, berichtet der Sprecher und führt aus: „Die Bedrohung in der Region durch den IS hat von Zeit zu Zeit abgenommen, aber sie hat nie aufgehört. Was Verdacht erregt, ist die Tatsache, dass die Bedrohungen manchmal zunehmen und manchmal abnehmen. Warum ist das so? Das liegt daran, dass versucht wird, dem IS den Weg zu ebnen. Ein Großteil der IS-Bewegungen findet in Gebieten statt, die von der PDK beherrscht werden. Die Lokalbevölkerung ist sich dessen bewusst. Uns liegen Informationen über das Leben und die Bewegungen des IS vor. So werden auch die Beziehungen zu den irakischen Behörden deutlich. Die irakischen Behörden warnen uns vor den IS-Bewegungen in der Region und zeigen, dass wir uns verteidigen müssen.“

Der Irak könnte Schutz vor dem IS bieten, erklärt Çömlek: „Die Bedrohung durch den IS hat in den letzten Tagen zugenommen. Menschen aus der Zivilbevölkerung werden entführt. Das geschieht vor allem auf den Hauptstraßen. Wir spüren die Bedrohung durch den IS ständig und wissen, dass wir uns im Visier befinden. Nachdem die kurdische Freiheitsbewegung den IS in Rojava besiegt hat, hat er uns ins Visier genommen. Er griff das Lager zweimal an und wollte ein großes Massaker verüben. Dank der Aufmerksamkeit und des Widerstands der Menschen hier wurde er besiegt.“

Der türkische Staat hetzt den Irak gegen Mexmûr auf

Çömlek weist darauf hin, dass die PDK und die Türkei versuchten, den Irak gegen das Camp aufzuhetzen. Er sagt: „Die Angriffe auf die Freiheitsbewegung richten sich auch gegen uns. Wir sind das Ziel dieser Angriffe. Trotz der Souveränität des Irak und des Schutzes der Vereinten Nationen (UN) hat die Türkei das Lager angegriffen und tut dies auch weiterhin. Gespräche zwischen irakischen Vertretern, dem MIT und der Türkei haben die irakische Politik erheblich beeinflusst. Der Irak hingegen ist keine Einheit, in ihm gibt es verschiedene Kräfte. Die Türkei beeinflusst sie und hetzt sie gegen uns auf. In einem unerwarteten Moment wurde uns mitgeteilt, dass das Lager mit Stacheldraht umzäunt wird. Das wurde erst durch den Protest der Bevölkerung gestoppt. Wir haben gesagt, dass wir das als Beleidigung betrachten und es niemals akzeptieren würden.

Wir leben seit Jahren unter schwierigen Bedingungen, aber wir haben nie alles hingenommen. Es gibt Dinge, die wir akzeptieren, und Dinge, die wir nicht akzeptieren. Wir hatten ein Treffen mit UN-Vertretern in Mosul, um uns ihnen verständlich zu machen. Wir sprachen über die Pläne, das Lager mit Zäunen abzusperren. Sie sagten, sie wüssten nichts von einem solchen Vorgehen und wir hätten das Recht, das nicht zu akzeptieren. Sie sagten, die UN seien in eine solche Angelegenheit nicht involviert, und betonten, dass dies nicht akzeptabel sei.“

Wir stehen an der Seite der Menschen in Şengal“

Auch die Mauer zwischen der ezidischen Şengal-Region und Rojava werde vom Irak aufgrund der Drucks der Türkei und der PDK gebaut, sagt der Komitee-Sprecher: „Wir akzeptieren die Mauer in Şengal nicht und stehen an der Seite der Menschen dort. Umzingelungen, Embargos und Blockaden sind eine Schande. Der Protest der Menschen in Şengal gegen den Bau einer Mauer ist eine sehr berechtigte und angemessene Reaktion. Auch in Mexmûr macht es keinen Sinn, das Lager mit Mauern und Stacheldraht zu umgeben. Niemand hier in der Gegend hat Schaden durch uns erlitten.

Deshalb ist das, was getan wird, nicht richtig. Als wir das erste Mal sahen, dass das Lager mit Stacheldraht umzäunt werden sollte, haben wir uns gewehrt. Es ist nicht richtig, das Camp zu kriminalisieren. Das akzeptieren wir nicht. Wir wissen, dass dies auf Ersuchen und Druck der Türkei und der PDK geschah. Wir sind bereit für alle rechtlichen Schritte. Es ist illegal, hier Stacheldraht und Mauern zu errichten. Dagegen werden wir uns immer stellen.“