Erdölbohrung verdrängt nomadische Familien
Die staatliche türkische Erdölgesellschaft TPAO hat im Hochplateau von Feraşîn in Elkê (tr. Beytüşşebap) erneut mit Bohrarbeiten zur Erschließung eines Erdölvorkommens begonnen. Dabei handelt es sich um ein Gebiet, das in den Sommermonaten von hunderten nomadischen Familien zur traditionellen Viehhaltung genutzt wird. Naturschützer:innen und Bewohner:innen warnen vor schwerwiegenden ökologischen Schäden und werfen den Behörden mangelnde Transparenz vor.
Erdölprojekt ohne erkennbare Ergebnisse, aber mit sichtbaren Schäden
Bei dem betroffenen Gebiet handelt es sich um die Region Gova Reşo nahe Meydan Zengil im Osten der kurdischen Provinz Şirnex (Şırnak). Ein ähnliches Bohrprojekt war dort in der Vergangenheit ohne Ergebnis abgebrochen worden. Damals waren laut offiziellen Angaben rund acht Millionen Türkische Lira investiert worden – ein Betrag, der nun auch für das neue Vorhaben veranschlagt wird. Bereits nach den vorherigen Arbeiten wurden anhaltende Umweltschäden wie Bodenerosion, veränderte Wasserläufe und massive Eingriffe in die Vegetation dokumentiert.
Gova Reşo © Zeynep Durgut/MA
In der Umgebung des neuen Bohrplatzes kommt es erneut zu Bodenbewegungen, Vegetationsverlust und Umleitungen von Wasserläufen. Die eingesetzten schweren Maschinen haben weite Flächen in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem Schäferfamilien beklagen, dass Zugänge zu Weideflächen eingeschränkt oder diese in militärische „Sondersicherheitsgebiete“ umgewidmet werden, um den Zutritt gänzlich zu sperren.
Fehlende Umweltprüfungen und Informationspolitik
Unklar ist zudem, ob für das aktuelle Projekt ein Umweltverträglichkeitsgutachten (ÇED) erstellt wurde. Die Bevölkerung sei über den Umfang der Maßnahmen nicht informiert worden, kritisieren lokale Vertreter:innen. Auch öffentliche Dokumente über mögliche Umweltfolgen oder geplante Ausgleichsmaßnahmen wurden bisher nicht vorgelegt.
„Jede Fehlbohrung zerstört dauerhaft Lebensräume“
Umweltschutzorganisationen sehen in dem Projekt ein Beispiel für verfehlte Ressourcenpolitik: „Jede erfolglose Bohrung verursacht nicht nur finanzielle Verluste, sondern auch irreversible ökologische Schäden, die ganze Lebensräume gefährden“, so eine Einschätzung des lokalen Ökologievereins. Besonders besorgniserregend sei, dass trotz fehlender Funde und negativer Erfahrungen erneut große Summen in risikobehaftete Projekte investiert würden – auf Kosten einer ohnehin sensiblen Hochlandregion. Auch kritisiert die Organisation, dass klimarelevante Investitionen ausblieben, während gleichzeitig fossile Infrastruktur in traditionell genutzten Naturgebieten ausgebaut werde.