Unbefestigte Wege für Nomad:innen, Betonstraße zur Militärbasis

Die Feraşîn-Alm in Şirnex wird jährlich von zahlreichen Nomad:innen zur Weidewirtschaft genutzt, doch der Zugang erfolgt über schlecht ausgebaute, teils unpassierbare Straßen. Im Kontrast dazu führt eine moderne Betonstraße direkt zu einer Armeebasis.

Unterschiedliche Straßenverhältnisse in Elkê

Die Feraşîn-Hochebene im Kreis Elkê (tr. Beytüşşebap) in der nordkurdischen Provinz Şirnex (Şırnak) gilt als eine der bekanntesten Sommerweiden der Region. Mit einer Höhe von rund 2.625 Metern zieht sie jährlich Tausende Nomad:innen (Koçer) sowie in- und ausländische Besucher:innen an. Während Natur und Landschaft mit Almwiesen, Gletscherseen und Gebirgsbächen beeindrucken, sorgt der Zustand der Zufahrtsstraßen seit Jahren für Kritik.

Unbefestigte Wege erschweren den Alltag

Die kurdischen Hirtenfamilien nutzen die Feraşîn-Hochebene jeden Sommer für die Weidehaltung von mehreren Hunderttausend Tieren – die Schätzungen reichen von 500.000 bis zu einer Million. Der Zugang zu der abgelegenen Hochebene ist jedoch mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Zufahrtsstraße vom Bezirkszentrum ist etwa 25 bis 30 Kilometer lang, größtenteils unbefestigt und vielfach von Schlaglöchern, Schlamm oder Staub beeinträchtigt.

Vor allem für Frauen, die als Bêrîvan – Schafmelkerinnen oder Schafhirtinnen – täglich zwischen Hochebene und Ort pendeln, bedeutet der Zustand der Straße eine erhebliche Belastung. Sie nutzen die Strecke zweimal täglich, um ihre Tiere zu melken und notwendige Besorgungen zu erledigen. Bewohner:innen berichten, der schlechte Straßenzustand sei belastender als die ohnehin physisch anspruchsvolle Arbeit als Nomad:innen.

Ungleiche Straßenverhältnisse als staatlicher Ausdruck politisch motivierter Prioritätensetzung? © MA

Kontrast: Militärstraße vollständig ausgebaut

Ein auffälliger Kontrast zeigt sich auf der gegenüberliegenden Seite der Region: Die Straße zur nahe gelegenen Militärfestung oberhalb des in den 1990er Jahren vom türkischen Staat zwangsgeräumten Dorfes Feraşîn ist vollständig ausgebaut. Der rund 45 Kilometer lange Abschnitt wurde 2019 errichtet, besteht aus Beton und ist zweispurig befahrbar. Die asphaltierte Strecke endet exakt an der Abzweigung zur Hochebene – ab dort beginnt erneut der unbefestigte Abschnitt.

Forderungen nach infrastruktureller Gleichbehandlung

Obwohl einige Teile der Militärstraße seit ein bis zwei Jahren gelegentlich auch für Privatfahrzeuge geöffnet wurden, bleibt sie für die nomadische Bevölkerung weiterhin nicht nutzbar. Kritiker:innen bemängeln die infrastrukturelle Ungleichbehandlung und fordern, auch für zivile Nutzer:innen einen gesicherten Zugang zu den Weideflächen zu schaffen.