Die Dorfbevölkerung der nordkurdischen Provinz Colemêrg (tr. Hakkari) bereitet sich auf den Winter vor. Aufgrund der bergigen und zerklüfteten Landschaft in Colemêrg wird in der Provinz kaum Feldbau, dafür aber viel Viehzucht betrieben. Die Provinz mit ihren Quellen, ihrer frischen Luft, dem klaren Wasser und ihrer vielfältigen Vegetation ist ideal für die Haltung von Herdentieren. Insbesondere für die Viehzüchter:innen sind die Wintervorbereitungen besonders schwierig, da der Zukauf von Futtermitteln aufgrund der hohen Preise praktisch unmöglich ist.
Im ANF-Gespräch berichtet der Hirte Rahmi Çiftçi über seine Arbeitsbedingungen. Der 45-jährige Hirte hat den Beruf bereits von seinem Großvater gelernt und lebt seit Jahren von der Tierhaltung, wie die meisten Menschen in seinem Dorf Xenanisa Jêr (Otluca). Zur Ernährung der Tiere im Winter mähen sie in den Sommermonaten die Weiden und lagern das Heu ein.
Allerdings wurden hunderte von Almen und Weiden in Colemêrg vom Militär zu Sperrgebieten erklärt. Selbst für die wenigen Weiden, die keine militärischen Sperrgebiete sind, benötigen die Hirten Sondergenehmigungen vom Gouverneursamt. Nur die Dorfbewohner:innen, die Viehzucht betreiben, haben eine Chance, auf die Weiden gelassen zu werden. Diese bringen dann das gemähte Grün am Ende des Sommers mit ihren Pferden in die Dörfer.
Çiftçi berichtet: „Es gibt fast keine Arbeit in Colemêrg außer der Viehzucht. Es gibt nur sehr wenige Ackerflächen. Vor allem in unserem Dorf und den umliegenden Ortschaften sammeln wir das Gras und bringen es ins Dorf. Wir müssen so viel wie möglich einbringen, denn wir sind nicht in der Lage, zusätzlich Nahrungsmittel für die Tiere einzukaufen.“
Das liege insbesondere an den steigenden Preisen, sagt der Hirte und fährt fort: „Früher war jeder Viehzüchter. Vor jedem Haus standen Hunderte von Tieren. Niemand musste Gras oder Heu kaufen. Aufgrund der Wirtschaftskrise und anderer Gründe lohnt sich nun die Viehzucht nicht mehr. Die meisten Menschen haben sie aufgegeben. Wir versuchen das Heu zu sammeln, um nicht noch größeren Schaden zu erleiden.“