HDP-Bericht zur Lage in Hezro

Die HDP hat einen vorläufigen Bericht zu der Militäroperation in der Kreisstadt Hezro in Amed (Diyarbakir) veröffentlicht. Bei dem Angriff wurde die Ortschaft Helhel aus Kampfhubschraubern der türkischen Luftwaffe bombardiert.

Die Demokratische Partei der Völker hat am Abend einen vorläufigen Bericht zu dem Angriff auf die Ortschaft Helhel (Çitlibahçe) in der nordkurdischen Kreisstadt Hezro (Provinz Amed) veröffentlicht. Im Rahmen einer Militäroperation hatte die türkische Luftwaffe Montagmorgen die Ortschaft aus Kampfhubschraubern bombardiert. Nach mehreren Razzien - durchgeführt von Soldaten der türkischen Armee - wurden vier Personen festgenommen, darunter auch die zweijährige Roza Tekin. Zuvor war das Haus der Familie Tekin unter massiven Feuerbeschuss gesetzt worden. Eine von Journalist*innen begleitete Delegation der HDP, bestehend aus den Abgeordneten Remziye Tosun, Selçuk Mızraklı und Musa Farisoğulları sowie dem Provinzvorsitzenden der HDP in Amed, Mehmet Şerif Çamcı, reiste nach Helhel und untersuchte zunächst die Ortschaft. Anschließend wurden mit etwa 25 Bewohnern Gespräche geführt, die ausführliche Angaben zu den Handlungen des Militärs machten.

Belagerung im Vorfeld der Operation

Demnach sei die Ortschaft bereits am Sonntag militärisch abgeriegelt worden. Dutzende Panzerfahrzeuge hätten die Gegend umstellt, berichten die Bewohner. In der Nacht zu Montag wurden unbemannte Kampfdrohnen über der Region gesichtet, unter deren Schutz Militäreinheiten auf den Gipfeln in der näheren Umgebung abgeseilt wurden und in Stellung gingen. Gegen 4.00 Uhr (MEZ) setzte aus vier bis fünf Kampfhubschraubern der Artilleriebeschuss ein. Wie es heißt, habe etwa zeitgleich auch massives Panzerfeuer eingesetzt. Anschließend soll die türkische Armee weitere Soldaten ins Zentrum der Ortschaft abgeseilt haben. Danach seien Gefechte mit kurdischen Guerillakämpfer*innen ausgebrochen.

Ein Anwohner, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, berichtet: „Wir sind aufgrund des Lärms der Hubschrauber aufgewacht und aus dem Haus gerannt. Etwa eine halbe Stunde später wurde der untere Teil der Ortschaft von mehreren Hubschraubern bombardiert. Danach setzte der Beschuss aus Panzern ein. Wir konnten sehen, dass währenddessen Soldaten sowohl oberhalb als auch unterhalb von Helhel abgeseilt wurden. In großer Sorge mussten wir uns die Gefechte mit ansehen. Unser Leben wurde aufs Spiel gesetzt, unsere Sicherheit gänzlich ignoriert. Zu dem Zeitpunkt befanden wir uns im Garten. Nur aus Glück ist niemandem etwas passiert.“

Einschusslöcher an Häusern festgestellt

Weiter heißt es in dem Bericht, dass an zahlreichen Häusern Einschusslöcher festgestellt wurden. Während der Gefechte habe das Militär aus Lautsprechern verkündet, dass eine Ausgangssperre erteilt wurde und das Verlassen der Häuser verboten sei. Außerdem sind viele Nutztiere der ansässigen Bevölkerung durch den Artilleriebeschuss verendet oder wurden verletzt. Über das Schicksal der Eheleute Mülkiye und Yahya Tekin und deren Tochter Roza sowie Abdullah Daşlık, alles Personen, die bei anschließenden Razzien festgenommen und auf die Militärwache in Hezro verschleppt wurden, liegen noch immer keine Informationen vor. Sie befinden sich weiterhin in Gewahrsam. Was man ihnen vorwirft, ist nicht bekannt, da die Behörden keine Auskunft erteilen.

Die durchsuchten Häuser sollen auch während der Razzien von den Sicherheitskräften beschädigt worden sein. Dabei seien einige private Gegenstände der Festgenommenen zerstört worden. Die Bewohner von Helhel gaben an, weiterhin um ihre Sicherheit zu fürchten.

Tod von Zivilisten in Kauf genommen

Nach Auffassung der Delegation habe das türkische Militär den Tod von Zivilisten bewusst in Kauf genommen. So heißt es abschließend in dem Bericht: „Wie auch nach dieser Operation ersichtlich, vertieft sich der vom Staat verursachte Krieg von Tag zu Tag. Dörfer und zivile Siedlungsgebiete werden ohne Rücksicht in gewaltvolle Konfliktgebiete verwandelt. Wie auch mit den zunehmenden Waldbränden zu beobachten ist, wird neben der Naturzerstörung die Räumung der Dörfer und somit die Entvölkerung der gesamten Region angestrebt.“