Haftentlassung von Aysel Tuğluk im Kobanê-Prozess beschlossen

Im „Kobanê-Prozess“ in Ankara ist die Freilassung von Aysel Tuğluk angeordnet worden. Da die schwer erkrankte Politikerin in einem anderen Verfahren bereits verurteilt ist, muss sie weiter im Gefängnis bleiben.

Im sogenannten Kobanê-Prozess ist die Freilassung von Aysel Tuğluk angeordnet worden. Aufgrund einer rechtskräftigen Verurteilung in einem anderen Verfahren wird die schwer erkrankte kurdische Politikerin jedoch im Gefängnis bleiben müssen.

Die Aufhebung des Haftstatuts von Aysel Tuğluk im Kobanê-Prozess wurde vom Gericht am späten Freitagabend in Ankara beschlossen. In dem politischen Schauprozess sind 108 Personen angeklagt, darunter der ehemalige Vorstand der Demokratischen Partei der Völker (HDP). 21 Angeklagte sind im Gefängnis. Den Beschuldigten werden im Zusammenhang mit den Protesten während des IS-Angriffs auf Kobanê im Oktober 2014 terroristische Straftaten und Mord in dutzenden Fällen vorgeworfen.

In der Haft an Demenz erkrankt

Aysel Tuğluk befindet sich seit Dezember 2016 im Gefängnis von Kandıra in der westtürkischen Provinz Kocaeli und ist in der Haft an Demenz erkrankt. Im vergangenen Jahr stellte ein Gutachten der forensischen Abteilung der Universität Kocaeli fest, dass die 57-Jährige aufgrund einer chronischen und fortschreitenden Alzheimer-Demenz nicht länger haftfähig ist und sofort aus dem Gefängnis zu entlassen sei. Das gerichtsmedizinische Institut (ATK) in Istanbul, eine Einrichtung des Justizministeriums, hat eine gegenteilige Feststellung getroffen und sah bisher keinen Grund für eine Aussetzung des Strafvollzugs.

In fingiertem Terrorverfahren zu zehn Jahren verurteilt

In mehreren Verfahren ist Aysel Tuğluk, die als Rechtsanwältin unter anderem auch Abdullah Öcalan vertrat, bereits verurteilt worden, andere Prozesse sind noch anhängig. Im Februar 2020 bestätigte der türkische Berufungsgerichtshof die bislang höchste Freiheitsstrafe gegen Tuğluk über zehn Jahre Haft. Verurteilt wurde sie aufgrund ihrer Funktion als Ko-Vorsitzende des Graswurzelbündnisses „Demokratischer Gesellschaftskongress” (KCD) wegen „Leitung einer Terrororganisation“. Im Oktober 2021 folgte ein Urteil über zwanzig Monate Freiheitsstrafe gegen die frühere Parlamentsabgeordnete wegen vermeintlicher Terrorpropaganda in den Jahren 2012 und 2013. Im sogenannten Kobanê-Prozess in Ankara droht ihr eine erschwerte lebenslange Haftstrafe.