Der türkische Berufungsgerichtshof hat die Verurteilung der kurdischen Politikerin Aysel Tuğluk wegen „Leitung einer Terrororganisation“ bestätigt. Die im Hochsicherheitsgefängnis Kandira inhaftierte ehemalige Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) war im März 2018 im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens aufgrund ihrer Aktivitäten für den legalen zivilgesellschaftlichen Zusammenschluss DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Schon in zweiter Instanz war ein Berufungsverfahren gescheitert.
Aysel Tuğluk befindet sich bereits seit Ende 2016 in Haft. Gegen die Rechtanwältin, die unter anderem auch Abdullah Öcalan vertrat, sind noch weitere Strafverfahren anhängig. Die 53-Jährige ist Gründerin mehrerer Nichtregierungsorganisationen wie der Forschungsstiftung für Sozialrecht (Toplumsal Hukuk Araştırmaları Vakfı), dem Menschenrechtsverein IHD (İnsan Hakları Derneği) und dem Verein der patriotischen Frauen (Yurtsever Kadınlar Derneği). Außerdem zählt Tuğluk zu den Mitbegründer*innen der prokurdischen Partei der demokratischen Gesellschaft DTP (Demokratik Toplum Partisi), deren Parteivorsitzende sie eine Zeitlang war. Die DTP wurde 2009 durch Entscheid des Verfassungsgerichts verboten.
Im September 2017 löste ein Angriff eines türkischen Mobs auf die Beerdigung von Hatun Tuğluk, der Mutter Aysel Tuğluks, weltweit Empörung aus. Hunderte Rassisten und Nationalisten hatten in Ankara die Beerdigung mit Steinen attackiert und Hassparolen gegen die Minderheiten der Armenier und Aleviten gerufen. Der Leichnam musste daraufhin exhumiert werden, weil der Mob angedroht hatte, die Leiche zu schänden. Wenige Tage später wurde Tuğluk in Dersim beigesetzt. Ihre Tochter durfte sich nicht verabschieden. Die Gefängnisleitung hatte ihr keine zweite Sondererlaubnis erteilt.