Die Newroz-Feierlichkeiten des Jahres 2012 in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakir) waren auf Anordnung des türkischen Innenministeriums verboten worden. In der Verfügung hieß es, dass alle Aktivitäten wie Kundgebungen, der Aufbau von Ständen und Zelten, die Durchführung von Sitzstreiks oder Gedenkveranstaltungen für den Zeitraum vom 16. März bis 21. März 2012 verboten seien. Trotz des erteilten Verbots fanden die Feierlichkeiten für das kurdische Neujahrsfest Newroz statt. Sechs Jahre danach ist nun ein Verfahren gegen die ehemaligen Abgeordneten der Partei für Frieden und Demokratie (BDP), Aysel Tuğluk, Hasip Kaplan und İbrahim Binici eingeleitet worden. Den Politiker*innen, die an den Newroz-Feierlichkeiten in Amed teilgenommen hatten, wird unter anderem vorgeworfen, „Propaganda für eine [verbotene] Organisation“ betrieben zu haben, weil sie das Siegeszeichen gemacht hätten.
In der Anklageschrift der Hauptstaatsanwaltschaft von Diyarbakir heißt es, dass Tuğluk, Kaplan und Binici „an vorderster Front an der nach Aufruf und auf Anweisung der Organisation zu einer Propagandaveranstaltung der PKK formierten Massendemonstration teilgenommen“ hätten. „Trotz Anwendung von Gewalt durch die Polizei und Aufforderung der Sicherheitskräfte, die Veranstaltung aufzulösen, hat sich die Menschenmenge nicht aufgelöst und den Verkehr blockiert.“ Weiter heißt es, dass die BDP-Abgeordneten „auf den Wahlkampfbus der BDP gestiegen sind und das Siegeszeichen gemacht haben, das als Zeichen der Organisationspropaganda gewertet werden kann“.
Den Politiker*innen drohen bei einer Verurteilung eine Haftstrafe zwischen zehn und 23 Jahren.