Bei Vergeltungsaktionen der Guerillaorganisationen HPG und YJA Star in Südkurdistan sind am Sonntag zwölf Angehörige der türkischen Besatzungstruppen getötet worden, vier weitere wurden verletzt. Das teilt das Pressezentrum der HPG in einer Bilanz zum aktuellen Kriegsgeschehen in den Guerillagebieten im südlichen Kurdistan mit. Alle Aktionen fanden den Angaben nach aus Anlass des 40. Todestages von Mehmet Hayri Durmuş statt.
Mehmet Hayri Durmuş war zentrales Mitglied der PKK. Am 14. Juli 1982 rief er gemeinsam mit Kemal Pir, Akif Yılmaz und Ali Çiçek in der „Hölle von Amed“, dem berüchtigten Gefängnis von Diyarbakır, ein Todesfasten gegen das Unterdrückungsregime der türkischen Militärjunta aus, die sich am 12. September 1980 an die Macht geputscht hatte. Sie forderten das „Ende der Folter, der eingeforderten Militärdisziplin und der Einheitskleidung“. Diese Aktion gilt als „erster Funke des Widerstands“, wurde aber nicht nur begonnen, um die Zustände in den Gefängnissen anzuprangern, sondern auch, um ein revolutionäres Zeichen zu setzen an die Menschen außerhalb der Gefängnismauern, in den Dörfern und Städten und an die linken Bewegungen, um die Massen aufs Neue zum Kampf gegen das Unterdrückungsregime der Türkei anzufeuern. Alle vier Revolutionäre verloren im Verlauf des Todesfastens ihr Leben.
„An seinem 40. Todestag gedenken wir Dr. Mehmet Hayri Durmuş, Mitbegründer unserer Partei der PKK, Schöpfer unseres den Derwischen gleichenden asketischen Lebens, der sich gegenüber dem Volk stets verpflichtet sah, uns das Dasein des aufrichtigen Revolutionärs lehrte und den Widerstand vom 14. Juli mitanführte, mit Respekt und Dankbarkeit. Hevalê Hayri war einer der Architekten des Widerstands in Gestalt der PKK und steht bis heute symbolhaft für den Leitsatz, das organisierte Leben der Partei niemals zu gefährden, ganz gleich wie schwierig die Bedingungen auch sein mögen. Als seine Weggefährten versprechen wir, seinen kompromisslosen Widerstandsgeist bis zum Sieg als Leitprinzip zu begreifen. Unsere Verbundenheit gilt Genosse Hayri und seinen Idealen und Träumen, die wir in jedem Fall erreichen werden“, erklären die HPG.
Erfolgloser Versuch, Guerillastellungen zu überrennen
Aus der Übersicht zu den Aktionen im Gedenken an Mehmet Hayri Durmuş geht hervor, dass im Zap ein Vormarschversuch der Besatzungstruppen auf die Verteidigungsstellungen „Şehîd Aryen“ in Çemço mit dem Beschuss aus schweren Waffen beantwortet wurde. Am Widerstandsmassiv Girê Cûdî in Metîna wurde ein Chemiewaffenangriff gegen Guerillapositionen mittels kombinierter Aktion aus Sabotagetaktik und dem Einsatz von Handgranaten und leichten Waffen vereitelt. In Metîna wurden zudem von türkischen Soldaten am Girê Amêdî angebrachte Sprengladungen sichergestellt und kontrolliert vernichtet.
Spektakulärer Blitzangriff auf türkische Besatzer
Die wohl spektakulärste Aktion vom Sonntag gegen die Besatzungstruppen der türkischen Nato-Armee fand an der Tunnenanlage „Şehîd Çekdar“ statt, die sich ebenfalls im Girê Cûdî befindet. Die HPG teilen mit, dass „feindliche Einheiten“ versuchten, in das Massiv einzudringen. Nach einer kurzen Observierung schlug die Guerilla mit kreativen Methoden zu: Der türkische Trupp geriet beim Vorrücken in den Tunnel in einen Hinterhalt und wurde mittels Guerillasabotage gestoppt. Etwa zeitgleich wurden mobile Einheiten mit Handgranaten, leichten Waffen und Scharfschützengewehren aktiv. Die Zahl der hierbei tödlich verletzten Soldaten geben die HPG mit zehn an. „Um zu verhindern, dass unsere Kräfte die Waffen und Ausrüstung der getöteten Besatzer sicherstellen, ist die Stelle mit den Leichen von der türkischen Armee sowohl aus der Luft als auch vom Boden aus bombardiert worden. Eine zur Aufklärung über das Kampfgebiet geschickte Drohne wurde unsererseits erfasst und beschossen. Unmittelbar danach wurden zwei sich in der Gegend bewegende Besatzer von einem HPG-Sniper bestraft. Aus einem Kampfhubschrauber über dem Gebiet wurden im Anschluss mehrere Brandraketen auf die Leichensammelstelle abgefeuert. Das Kampfgebiet und mehrere Leichname befinden sich weiterhin unter Kontrolle unserer Kräfte.“
Namen von getöteten Soldaten
Die Vornamen von zehn der getöteten Soldaten lauten den HPG zufolge Savaş, Fatih, Gökhan, Serkan, Burak, Naci, Harun, Mert, Oğuz und Fuat. Das türkische Verteidigungsministerium hatte gestern den Tod von drei Stabsoffizieren und einem Oberfeldwebel bekannt gegeben: Harun Yıldırım, Savaş Borlu, Fatih Kalkan und Gökhan Ağıl.
Angriffe der türkischen Armee auf Südkurdistan
Die HPG weisen in ihrer Erklärung auch auf den fortgesetzten Einsatz verbotener Kampfmittel durch die Invasionstruppen hin. In eine Tunnelanlage im Widerstandsgebiet Şehîd Fedakar wurde demnach zunächst eine brennende Flüssigkeit geleitet, bevor von Positionen der Besatzer aus unbekannte Kampfstoffe auf das Massiv abgefeuert wurden. „Die Substanz zerstäubte sich in Verbindung mit Wasser zu Partikeln und blieb an der Gesteinsmasse haften“, heißt es.
42 Luftangriffe auf Guerillagebiete
Die Luftangriffe vom Sonntag auf Guerillagebiete in Südkurdistan beziffern die HPG mit 42. Mindestens 22 dieser Luftschläge wurden von Kampfflugzeugen ausgeführt, erklärt die Organisation, außerdem wurden wieder „dutzende“ Artillerieangriffe durch türkische Außenposten verzeichnet. Die Tunnelanlage „Şehîd Bahoz“ wurde ebenfalls mit entzündlichen Stoffen attackiert und teils in Brand gesteckt. Ob es durch diese Angriffe zu Verlusten in den eigenen Reihen kam, geht aus der Bilanz nicht hervor.