Die nach einer bewaffneten Auseinandersetzung am vergangenen Samstag in Xelfetî (Halfeti, Provinz Riha/Urfa) eingeleitete Operation dauert auch fast eine Woche nach dem Vorfall weiter an. Zu der Operation war es aufgrund einer Schießerei in einem Haus im Wohnviertel Derto (Dergili) gekommen, bei der ein stellvertretender Kommissar einer polizeilichen Sondereinheit getötet worden war. Zwei weitere Polizisten wurden verletzt. Im Zuge der daraufhin gestarteten Operation warfen Militärs Handgranaten in das betroffene Haus. Zwei Personen, die sich darin befanden, kamen ums Leben.
Nach der Schießerei wurden sowohl in Xelfetî als auch in der nahegelegenen Kreisstadt Hewenc (Bozova) rund 50 Personen bei Hausdurchsuchungen von der Jandarma festgenommen. Die Anwält*innen der Betroffenen hatten bereits öffentlich gemacht, dass die Festgenommenen schwer gefoltert wurden und sich dabei Knochenbrüche und teilweise Schädelfrakturen zuzogen.
Elektroschocks, Prügel, sexuelle Folter
In der Provinzhauptstadt Riha wurde heute gegen zehn der Betroffenen wegen des Vorwurfs der „Terrorunterstützung“ verhandelt. Die Staatsanwaltschaft hatte im Fall von Abdullah Buğa, Abdurrahman Çiftçi, Ahmet Yıldırım, Ali Zencirkıran, Kenan Yıldırım, Mehmet Kaçar, Mehmet Hayri Çiftçi, Mustafa Çiftçi, Müslüm Yıldırım und Sinan Yıldırım Meldeauflagen gefordert und die Männer an die Strafkammer verwiesen. Bei ihrer Vernehmung äußerten sich Mehmet Hayri Çiftçi und Mustafa Çiftçi detailliert zur Folter in Polizeigewahrsam. Hayri Çiftçi gab zu Protokoll: „Wie ich bereits bei meiner polizeilichen Vernehmung erklärte, wurde ich in der Gendarmerie-Wache gefoltert. Ich wurde getreten, mein Körper weist entsprechende Spuren auf. Ich wurde mit Schlagstöcken verprügelt, auf meine Hände und Füße wurde eingeschlagen. Ich wurde mit Wasser überschüttet und auf die Folterbank gelegt. All dies geschah auf der Gendarmerie-Wache. In der Bezirkspolizeidirektion wurden mir im zweiten Obergeschoss des Gebäudes die Augen verbunden und Elektroden an den Genitalien befestigt. Während meine Hände und Füße gefesselt waren, hat man sich auf mich gestürzt. Ich werde rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einleiten. Der Forderung nach Meldeauflagen widerspreche ich.“
Meldeauflagen und Ausreiseverbot
Dem widersprach auch die Rechtsanwältin Sevda Çelik Özbingöl und stellte einen Antrag für ein gerichtsmedizinisches Gutachten. Die Juristin wies zudem darauf hin, dass es keine konkreten Beweise für die Vorwürfe gegen Hayri Çiftçi gebe. Auch Mustafa Çiftçi sprach von ähnlichen Folterpraktiken.
Trotz Einwänden ordnete das Gericht wöchentliche Meldeauflagen gegen Kenan, Müslüm, Sinan und Ahmet Yıldırım sowie Mehmet Hayri Çiftçi an. Abdullah Buğa, Abdurrahman Çiftçi, Mehmet Kaçar, Mustafa Çiftçi und Ali Zencirkıran wurden auf freien Fuß gesetzt, allerdings wurden sie mit einem Ausreiseverbot belegt.
Eine Inhaftierung
Bereits gestern waren zehn weitere zehn in Xelfetî festgenommene Zivilisten an die Justiz überstellt worden. Im Fall von Abdullah Çiftçi ordnete das Gericht wegen Terrorvorwürfen aufgrund von kritischen Beiträgen in den sozialen Medien Untersuchungshaft an.