Farqîn: Misshandelte Nomaden inhaftiert

Drei Angehörige der Nomadenfamilie, die vom türkischen Militär in Farqîn unter schwerer Misshandlung verschleppt wurde, sind als vermeintliche PKK-Mitglieder verhaftet worden.

Am Samstag drang die türkische Militärpolizei in ein Lager von Nomad:innen ein, die sich in der Nähe von Farqîn (tr. Silvan) in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakır) niedergelassen hatten. Das Lager wurde verwüstet, das Zelt niedergebrannt. Fünf Personen wurden unter schweren Misshandlungen festgenommen. Drei von ihnen wurden nun unter dem Verdacht der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ inhaftiert.

Der Razzia soll möglicherweise ein Zusammenstoß zwischen Mitgliedern der Volksverteidigungskräfte (HPG) und der türkischen Armee in der Region vorausgegangen. Allerdings ist der Hergang der Ereignisse bisher äußerst unklar. Nach bisher unbestätigten Berichten sollen drei Guerillakämpfer getötet worden sein. Infolgedessen sperrte die Armee das Gebiet um Bameydan vollständig ab. Diese Abriegelung betraf auch den Ort, an dem die Nomadenfamilie, die ursprünglich aus Êlih (Batman) stammt, ihr Lager aufgeschlagen hatte. Ihr Zelt wurde komplett zerstört. Zeugenaussagen und der Bericht einer Delegation legen nahe, dass die Zelte vom Militär in Brand gesetzt wurden.

Videobericht der Nachrichtenagentur Mezopotamya

Erschreckende Bilder auf X

Auf der Online-Plattform X, die früher unter dem Namen Twitter bekannt war, wurden von mutmaßlich der türkischen Armee nahestehenden Accounts Fotos verbreitet, auf denen zwei bis auf die Unterhose entkleidete Männer zu sehen sind. Sie liegen mit gefesselten Händen unmittelbar hinter den Reifen eines Panzerfahrzeugs. Die Misshandlungen der Festgenommenen setzten sich offenbar auch in Gewahrsam fort. Mindestens einen Tag lang wurde ihnen keine Nahrung zur Verfügung gestellt. Einer der Festgenommenen brach aufgrund der Bedingungen zusammen und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Wahrscheinlich Angriff statt Gefecht

Nach den Berichten über den Angriff und über Meldungen von Folter beim Menschenrechtsverein IHD besuchte eine Delegation verschiedener NGOs den Ort des Geschehens, darunter auch Abgeordnete der Grünen Linkspartei (YSP). Die Delegation kam nach ihren Untersuchungen zu dem Schluss, es sei unwahrscheinlich, dass es dort zu einem Gefecht gekommen ist. Die Abgeordnete Adalet Kaya berichtete, dass keine Anzeichen für ein Gefecht gefunden wurden und auch Zeugenaussagen darauf hinweisen, dass keines stattgefunden habe. Kaya betonte, dass es sich um ein Gebiet handelte, in dem Zivilist:innen ihr Vieh weiden lassen. Angesichts der auf X veröffentlichten Fotos unterstrich Kaya, dass die darauf dargestellten Handlungen einen klaren Verstoß gegen das Folterverbot darstellen, und erklärte: „Das Folterverbot ist unantastbar. Heute haben wir jedoch gesehen, dass die Praktiken der 1990er Jahre zurückkehren. Wir akzeptieren diesen Angriff auf den Lebensraum der Menschen nicht. Solche Handlungen stellen eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte dar.“ Die Delegation kündigte an, in Kürze einen ausführlichen Bericht zu veröffentlichen.