Bewohner von belagertem Dorf festgenommen

Seit genau drei Wochen steht das Dorf Bilbês im nordkurdischen Elkê unter Militärbelagerung, es findet eine luftunterstützte Operation gegen die Guerilla statt. Die Dorfbevölkerung wird Staatsterror ausgesetzt.

Die Militärbelagerung in dem Dorf Bilbês in Elkê (tr. Beytüşşebap) bei Şirnex (Şırnak) dauert inzwischen seit drei Wochen an. Auf ein Ende der mit dem Etikett „Antiterroroperation“ versehenen Belagerung und Bomben auf ziviles Siedlungsgebiet drängten Handelnde aus Politik und Zivilgesellschaft bisher vergeblich. Der türkische Staat ist nicht gewillt, seine Armee abziehen zu lassen, ehe nicht alle „Terroristen“ neutralisiert sind.

Mit den vermeintlichen Terroristen sind Mitglieder der kurdischen Guerillaorganisationen Volksverteidigungskräfte (HPG) und Verbände freier Frauen (YJA Star) gemeint, die sich in Wald- und Hügelgebieten aufhalten, die an Bilbês grenzen. Mehrfach kam es in den vergangenen Tagen und Wochen zu Gefechten mit türkischen Soldaten. Das Militär reagierte mit schweren Angriffswellen aus der Luft und Panzerfeuer auf die Präsenz der Guerilla. Parallel erhöhte sich der Druck auf die Dorfbevölkerung.

Mit Beginn der „Operation“ waren die Bewohnerinnen und Bewohner von Bilbês aufgrund einer vom türkischen Gouverneursamt der kurdischen Provinz Şirnex verhängten Ausgangssperre vollständig von der Außenwelt abgeschnitten. Nach Interventionen von den Parteien YSP, HDP und DBP, die das Dorf am vergangenen Sonntag erstmals besuchen konnten, ist es den Menschen inzwischen wieder möglich, Bilbês zu verlassen. Dies geschieht jedoch nur im Gegenzug zu einer Abfrage im GBT-System, die am Ortseingang von der Gendarmerie (Militärpolizei) durchgeführt wird. Der Dorfbewohner Levent C. ist nun bei einem solchen Vorgang festgenommen worden.

GBT steht für „Genel Bilgi Toplama“ und ist eine 2002 von der türkischen Polizei eingeführte Überprüfungstechnologie für Identitätsdokumente. Dabei handelt es sich um eine Datenbank mit Informationen zu gesuchten Personen sowie Straf- und Verdachtsmeldungen von Polizei und Gendarmerie, um Angaben zu bestehenden Haftbefehlen, bereits früher durchgeführten Verhaftungen, Ausreisesperren, Wehrdienstentzug oder -verweigerung sowie Steuerhinterziehung einzusehen. Auch enthält das System subjektive Notizen der Polizei ohne rechtliche Bedeutung zu den betroffenen Personen. Im GBT-System werden auch Informationen über vermeintlich „verdächtige“ Personen aufgezeichnet, gegen die nicht strafrechtlich ermittelt wird.

Gegen Levent C. liegt nach bisherigem Stand zwar kein Haftbefehl vor, hieß es aus Anwaltskreisen. Allerdings werde er als „Verdächtiger“ in einem Ermittlungsverfahren wegen „PKK-Unterstützung“ geführt. Im Rahmen des gleichen Verfahrens war bereits Anfang August ein Verwandter von C. wegen desselben Vorwurfs in Untersuchungshaft genommen worden. Die Festnahme des Mannes ereignete sich am Samstag in einer Wache der Gendarmerie im Kreis Silopiya. Dorthin sei C. unter dem Vorwand zitiert worden, er müsse wegen einer Meldeauflage zum Unterschreiben erscheinen. Mittlerweile wurde er zu einem Verhör zum Divisionsstab der Gendarmerie Şırnak gebracht. Die Ausgangssperren in Dilbês sollen indes vorerst 23. August in Kraft bleiben.