Die Ermittlungsakte gegen insgesamt 21 Personen aus der nordkurdischen Provinz Qers (türk. Kars), die am Freitag auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft festgenommen wurden, ist als Verschlusssache eingestuft worden. Die Festnahmedauer wurde vorerst auf vier Tage befristet, „um die Beweissicherung nicht zu gefährden”, wie es zur Begründung heißt. Den Betroffenen aus dem Umfeld der Demokratischen Partei der Völker (HDP) wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation” vorgeworfen. Die staatsanwaltschaftliche Anhörung ist für Montag angesetzt. Zunächst war noch von 19 festgenommenen Personen die Rede. Die Durchsuchung im Rathaus ist unterdessen abgeschlossen worden.
Im Rahmen der durch Qers fegenden Festnahmewelle befinden sich auch zahlreiche Politikerinnen und Politiker in Polizeigewahrsam. Dabei handelt es sich neben der Ko-Bürgermeisterin Şevin Alaca, die inzwischen auf Anordnung des Innenministeriums gemeinsam mit ihrer Stellvertreterin Muazzez Çağrı Tekinci und den Stadt- und Provinzratsmitgliedern Kaya Naki, Fahrettin Kaya, Ömer Albayrak, Halil Kan und Suat Bayhan des Amtes enthoben wurden, um Cengiz Anlı (Provinzverbandsvorsitzender der HDP), Hamdi Erkmen (HDP-Bezirksratsmitglied in Pazarcix), Hamit Taşdelen (HDP-Bezirksratsmitglied in Dîxor), Medya Tağay (TJA-Aktivistin), Reis Baykız (ehemaliges HDP-Bezirksratsmitglied in Dîxor), Zorba Başkutlu (ehemaliger HDP-Kreisvorsitzender in Dîxor), Şengül Erkmen (Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Dîxor), Selda Manduz (Korrespondentin von Demokrat Haber), İzzet Artuğ (ehemaliger DBP-Kreisvorsitzender in Dîxor), Adem Karataş (ehemaliges HDP-Vorstandsmitglied in Qers) und die früheren Vorstandsmitglieder der HDP in Sêlim, Sabri Avag, Bülent Ağbaba und Hazal Ağadeve. Eine namentlich nicht bekannte Person befindet sich ebenfalls in Gewahrsam.
Regime will Neubesetzung von Bürgermeisteramt verhindern
Der ehemalige Bürgermeister von Qers, Ayhan Bilgen, wurde bereits vergangenen Freitag festgenommen. Am Mittwoch ist Bilgen von seinem Amt zurückgetreten, um die Ernennung eines Zwangsverwalters im Rathaus zu verhindern. Mit der aktuellen Operation scheint das AKP/MHP-Regime nun zu versuchen, alle anderen möglichen Kandidat*innen für das Bürgermeisteramt auszuschalten, um die Stadt schließlich doch unter die Herrschaft eines Regimebeamten bringen zu können.