Dörfer in Xîzan unter akuter Bedrohung
Durch Bombardierungen, Abholzungen und Repression soll die Region Xîzan in der nordkurdischen Provinz Bedlîs offenbar gezielt entvölkert werden.
Durch Bombardierungen, Abholzungen und Repression soll die Region Xîzan in der nordkurdischen Provinz Bedlîs offenbar gezielt entvölkert werden.
Seit Anfang Juli werden massive Angriffe des türkischen Militärs auf die nordkurdische Region Xîzan verzeichnet, die eine drohende Entvölkerung des Gebiets zur Folge haben könnten. Die Abgeordnete der Grünen Linkspartei (YSP), Semra Çağlar Gökalp, berichtete der Nachrichtenagentur Mezopatamya über die Angriffe des türkischen Militärs auf die dicht bevölkerte Region in der nordkurdischen Provinz Bedlîs.
Am 2. Juli wurde über die Dörfer Xûlepûr und Kekuan eine Ausgangssperre verhängt, gefolgt von Angriffen, die seither andauern. Am 15. Juli wurde die Region für 15 Tage zur Sondersicherheitszone erklärt. Die Region wird tagtäglich von Bomben erschüttert, auch unweit der Dörfer. Angriffe dieses Ausmaßes drohen die Region zu entvölkern.
Ernten zerstört, Bäume entwurzelt
Gökalp berichtet nun aus erster Hand über die dramatischen Geschehnisse in der Region, in der Bäume gefällt und Ernten geplündert wurden. Laut ihren Aussagen umfasst die weiterhin andauernde Ausgangssperre zehn Dörfer, wobei das Dorf Xûlepûr besonders intensiv von den Militäraktionen betroffen ist. Allerdings wurde Gökalp selbst am Betreten des Dorfes vom Militär gehindert, da eine Militäroperation stattfinde. In Gesprächen mit Bewohner:innen der Dörfer erfuhr Gökalp von den verheerenden Auswirkungen der anhaltenden Militäroperation, insbesondere auf die Anbauflächen. Während der Ausgangssperre seien Militärfahrzeuge über die Anbauflächen von 21 Bewohner:innen der Dörfer gefahren, wodurch ihre Bäume entwurzelt und ihre Ernten zerstört wurden, berichtet Gökalp.
Große Waldflächen für Militärbasis gerodet
Es scheint, dass in der Region eine Militärbasis errichtet werden soll. Gökalp wies darauf hin, dass die Region derzeit einer fortschreitenden Militarisierung ausgesetzt ist: „Die gesamte Region soll offenbar in eine Militärbasis verwandelt werden. Die Bäume im Tal wurden vollständig abgeholzt, damit die bereits eingerichteten Stützpunkte einen besseren Überblick über das Gebiet haben. Unter dem Deckmantel dieser Operation wurde die Region regelrecht verwüstet, um den Lebensraum der dort lebenden Menschen einzuschränken. Zudem wurden Fotofallen in dem Gebiet aufgestellt, was den Bewohner:innen jegliche Bewegungsfreiheit nimmt, da sie um ihre Sicherheit fürchten müssen.“
Scheiben bersten durch Druckwellen
Die Bombardierungen setzen der Bevölkerung in regelmäßigen Abständen zu, wie Gökalp erläutert: „Die Menschen berichteten, dass die Bomben so heftig sind, dass ihre Fenster zerbrechen und sie nachts nicht mehr schlafen können. Sie sind sehr beunruhigt. In Gesprächen spürt man ihre Anspannung und Ruhelosigkeit. Das gesamte Gebiet wird wahllos bombardiert. Es handelt sich um dicht bewaldetes Gebiet, und die Bombardierung erfolgt ohne erkennbares Ziel. Laut Berichten von Augenzeugen liegen viele Bomben als Blindgänger im Gelände und stellen somit eine permanente Gefahr für die Menschen dar.“
„Wie in den 1990er Jahren“
Gökalp zieht eine beunruhigende Parallele zu den Dorfzerstörungen der 1990er Jahre: „In den Dörfern in Xîzan leben größtenteils Menschen, die die YSP unterstützen. Daher handelt es sich um eine Gruppe, die ihre Kultur, ihren Lebensraum und ihr Land verteidigt. In der Region wird eine Strategie des Spezialkriegs verfolgt, bei der die Entvölkerung eine grundlegende Rolle spielt. Ähnlich wie früher werden die Menschen aus den Dörfern vertrieben und in die Städte gedrängt. Auffällig ist, dass solche Angriffe vor allem auf Dörfer mit klaren politischen Positionen abzielen.“
Angriffe sind Teil der Assimilationspolitik
Gökalp macht deutlich, dass diese Angriffe Teil einer Assimilationspolitik sind: „Die Angriffe sind so ausgelegt, dass den Menschen das Leben in ihren Dörfern unerträglich gemacht wird. Die Unsicherheit vor Ort veranlasst sie, ihre Heimat zu verlassen und in die Städte zu flüchten. Die aktuell angegriffenen Dörfer sind größtenteils jene, die in den 1990er Jahren niedergebrannt, zerstört und geräumt wurden. Die Menschen haben sich jedoch dort eine neue Lebensgrundlage aufgebaut. Die aktuelle Militäroperation soll sie nun erneut vertreiben und damit von ihren fundamentalen Werten trennen."