Permanenter Ausnahmezustand in Colemêrg

Der Anwalt Eren Baskın vom Menschenrechtsverein IHD in Colemêrg berichtet von extralegalen Hinrichtungen an der Grenze, Weideverboten und militärischen Sperrgebieten in der nordkurdischen Provinz.

Die nordkurdische Provinz Colemêrg (tr. Hakkari) liegt an der türkischen Grenze nach Ost- und Südkurdistan. Über der gesamten Region herrscht ein permanenter Ausnahmezustand. In Colemêrg und seinen Landkreisen sind seit 2016 jegliche Versammlungen verboten. Hunderte von Gebieten wurden zu militärischen „Sondersicherheitszonen“ erklärt. Die Weidewirtschaft kommt aufgrund der Betretungsverbote zum Erliegen. In den Grenzgebieten finden immer wieder extralegale Hinrichtungen durch das Militär statt. Betroffen davon sind vor allem Kolber, Lastenträger im Grenzverkehr. Der Rechtsanwalt Eren Baskın, Vorstandsmitglied der Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD, berichtet im ANF-Gespräch über die dramatische Situation in der Provinz.

Baskın weist darauf hin, dass das in der Verfassung festgelegte Recht auf Versammlungsfreiheit seit inzwischen fünf Jahren praktisch vollkommen außer Kraft gesetzt ist. Diese Aufhebung werde selektiv auf alle Versammlungen, die nicht der Haltung des Regimes entsprechen, angewandt. Alle Widersprüche gegen solche Verbote, die auch Menschenrechts- und Hilfskampagnen betreffen, würden abgelehnt. Daher befinde sich insbesondere die Menschenrechtsarbeit in der Region in größten Schwierigkeiten. Der IHD versuche dennoch, die Menschenrechtsverletzungen in der gesamten Region zu dokumentieren und wegen Angriffen auf die Menschenrechte Klagen einzuleiten.

Zuletzt wurden Ende September bei einem türkischen Hubschrauberangriff auf eine Gruppe von Lastenträgern an der türkisch-iranischen Grenze in der Nähe von Elbak (Başkale) zwei Jugendliche getötet und zwei weitere verletzt.