Colemêrg: Eine Stadt wird zum Gefängnis gemacht

Die nordkurdische Provinz Colemêrg wurde durch das AKP/MHP-Regime durch Kontrollpunkte und militärische Sperrgebiete zu einem Hochsicherheitsgefängnis gemacht.

Der permanente Kriegs- und Ausnahmezustand in Nordkurdistan zeigt sich am deutlichsten in der südöstlichsten Provinz des vom türkischen Staat beherrschten Gebiets, in Colemêrg (tr. Hakkari). Schon allein das Betreten und Verlassen der Provinz ist mit stundenlangen Wartezeiten an militärischen und geheimdienstlichen Kontrollpunkten verbunden. Dort kommt es auch immer wieder zu Festnahmen. Die Umgebung von Colemêrg ist zu 80 Prozent Sperrgebiet. Obwohl die Landwirtschaft die Haupteinnahmequelle der von extremer Armut geprägten Provinz ist, sind Weiden, Wiesen und Almen für die Bäuer:innen nicht nutzbar, da die Regierung Betretungsverbote verhängt hat.

Den politischen Willen brechen und die Landbevölkerung vertreiben

Colemêrg ist eine Hochburg des Widerstands und auch der Demokratischen Partei der Völker (HDP). Die HDP hat bei den letzten Wahlen in der Region mit 85 Prozent die meisten Stimmen errungen. Um diesen Widerstand zu brechen, hat der Gouverneur ein seit 2016 andauerndes Versammlungsverbot verhängt. Während die Regimeparteien alle möglichen Versammlungen durchführen können, wird jegliche kurdische Versammlung durch die alle 15 Tage verlängerten Versammlungsverbote verhindert. Dabei ist es sogar verboten, Kerzen aufzustellen oder Ballons fliegen zu lassen. Die Verbote zielen darauf ab, die Menschen aus der Region zu vertreiben, denn insbesondere die Dorfbevölkerung wird dadurch ins ökonomische Aus getrieben.

Nur mit Sondergenehmigung nach Berçelan

Die Berçelan-Alm ist als das Herz der Tierhaltung von Colemêg bekannt. Die etwa 18 Kilometer vom Stadtzentrum von Colemêrg entfernte Alm war gleichzeitig ein wichtiger Festplatz, auf dem sich die Menschen immer wieder in der Natur versammelten. Nun braucht es eine Sondergenehmigung vom Gouverneur, der Polizei und dem Militär, um die Weide zu betreten.

Ein Bürger aus Colemêrg, der seit Jahren Viehzucht betreibt, berichtet: „Diese Genehmigung wird nicht jedem erteilt. Wir können nicht einmal die Mitglieder unserer eigenen Familien auf die Alm bringen. Drohnen und Hubschrauber schweben 24 Stunden am Tag über uns. Überall sind Soldaten. Es ist unvermeidlich, dass jemand, der die Alm ohne Erlaubnis betritt, festgenommen wird.“