Analyse: Die revolutionären Operationen sind die Antwort der Guerilla

Die aktuellen revolutionären Operationen der Guerilla zeigen, dass es ihr durch ihre Neustrukturierung gelungen ist, die negativen Auswirkungen der Winterjahreszeit auf ihre Aktionsfähigkeit zu neutralisieren.

Um die Ergebnisse der laufenden Invasionsangriffe auf die Medya-Verteidigungsgebiete richtig zu verstehen, reicht es nicht aus, nur die Gegenwart zu betrachten. Insbesondere die Entwicklung des Krieges in den vergangenen acht Jahren müssen entsprechend analysiert werden.

Während Erdoğan sämtliche politischen Institutionen und Einrichtungen des Staates unter seine Kontrolle bekam, begann er im Jahr 2015 einen Totalangriff auf das kurdische Volk und seine Freiheitsbewegung. Im Rahmen des als „Niederwerfungsplan“ bezeichneten Vernichtungskonzepts startete der türkische Staat Invasionsangriffe auf Nordkurdistan, Rojava und Südkurdistan. Durch die Manipulation des öffentlichen Diskurses erzeugte er ein Klima der bedingungslosen Unterstützung für seinen Krieg und einen blinden Glauben in die von ihm präsentierten „Resultate“. Gleichzeitig brachte Erdoğan nicht nur das Militär unter seine Kontrolle, sondern integrierte Söldner- und Verbrechernetzwerke in die Armee.

Die Guerilla hat nicht nur im Winter zugeschlagen“

Nun wundern sich einige Kreise angesichts der massiven revolutionären Operationen der Guerilla, bei denen in den letzten Wochen weit über 100 Soldaten getötet wurden: „Wie kann die Guerilla, während sie so intensiven Angriffen ausgesetzt ist, mitten im Winter so große Aktionen und Operationen durchführen?“ Die Staunenden betrachten es so, als ob die Guerilla nur unter winterlichen Bedingungen Aktionen durchgeführt hätte. Im letzten Jahr wurden zwischen Juli und Oktober 1108 große Aktionen durchgeführt. Hunderte von türkischen Soldaten wurden bei diesen vielfältigen Aktionen getötet und viele verletzt. Eine dieser revolutionären Operationen wurde mitten im Sommer, im August, im Widerstandsgebiet Girê Cûdî in der westlichen Zap-Region (Şehîd Delîl) durchgeführt. Dabei wurden Dutzende von Soldaten getötet. Alle Aktionen der Guerilla wurden, obwohl Dutzende von Aufklärungsdrohnen über den Köpfen der Soldaten kreisten, auch bei klarem Wetter durchgeführt. Das heißt, für die Guerilla sind diese Operationen keine Frage der Jahreszeit, von Regen oder Nebel.

Die Kriegsdoktrin der Guerilla

Die eigentliche Frage ist also die nach der Kriegsdoktrin der Freiheitsguerilla Kurdistans. Das Niveau des Kampfes und der Kriegsführung, das sich im Rahmen dieser Doktrin gezeigt hat, hat alle bekannten Vorstellungen bei weitem übertroffen. Werfen wir einen Blick auf die Praxis der türkischen Besatzungsarmee im Laufe der Jahre. Während die türkische Armee angriff, wurde die Guerilla stärker und professionalisierte sich. Die kurdische Freiheitsbewegung und die Guerilla, die die Erfordernisse der Zeit und die Notwendigkeiten, die sich aus dem Krieg ergeben, genau und frühzeitig analysiert hatte, begann einen Prozess des Wandels und der Umstrukturierung, ohne jedoch von ihren Grundsätzen abzurücken. Ein Blick auf die neue Ebene des Kampfes, die auf der Grundlage des Konzepts der Guerilla der demokratischen Moderne entstanden ist, wird es uns ermöglichen, die Bedeutung der revolutionären Operationen und aller aktuell durchgeführten Aktionen zu begreifen.

Die Guerilla ist jederzeit überall

Als das Erdoğan-Regime erkannte, dass es die Guerilla in Nordkurdistan nicht vernichten kann, änderte es seine Strategie. Diese Strategie bestand in einem Totalangriff auf die Guerillagebiete. Mit den Angriffen auf die Medya-Verteidigungsgebiete versuchte der türkische Staat, die Invasion auszuweiten und seine Angriffe zu verstetigen. Zunächst wurde Xakurke angegriffen, dann Heftanîn. Die Invasionsarmee versuchte dort eine Großinvasion, erlitt aber schwere Verluste. Die durchgeführten Guerillaaktionen rieben die türkische Armee auf. Während sich die Armee um die Eroberung strategischer Gipfel bemühte, wurde sie eingekreist und steckte fest. Das lag vor allem daran, dass die Bodentruppen zu einem festen Ziel für die hochmobile Guerilla wurden. Auch der Einsatz schwerer Waffen und gepanzerter Fahrzeuge änderte nichts an den ständigen Verlusten. Die Guerilla war absolut unberechenbar und schien überall zu sein. Eine solche Lage konnte vom türkischen Staat der Öffentlichkeit nicht vermittelt werden. Man behauptete, die Invasion sei erfolgreich gewesen, aber die bis heute in genau diesen Regionen andauernden Aktionen gegen die türkische Armee zeigen, dass sie es nicht waren. Ein Beleg dafür dafür war die revolutionäre Operation Şehîd Ahmet Rûbar im Dezember 2023 in Xakurke. Bei der Aktion wurden 27 türkische Soldaten getötet und Dutzende verwundet. Um Truppen in diesen Regionen zu halten, musste die türkische Besatzungsarmee ihren Kommandeur im Rang eines Majors, der normalerweise einen ganzen Distrikt befehligt, auf einen der Gipfel abkommandieren. Dieser Major wurde bei dieser revolutionären Operation schwer verwundet, sein Schicksal ist ungewiss.

Die Soldaten sind regelrechte Zielscheiben geworden

Um seine Besatzungsstrategie doch noch zum Erfolg zu führen und die Medya-Verteidigungsgebiete vollständig zu besetzen, wandte sich das Erdoğan-Regime nach der großen Niederlage, die es bei dem gescheiterten Angriff auf Gare 2021 erlitten hatte, den für ihre Härte bekannten Regionen Zap, Avaşîn und Metîna zu. Doch die türkische Armee erlitt bei ihrem Invasionsangriff auf ganz Avaşîn und einige Teile von Zap und Metîna im Jahr 2021 schwere Verluste. Obwohl sie Hunderte von Soldaten verlor, darunter auch einige hochrangige Militärs, wurden die Zahlen vor der Öffentlichkeit größtenteils geheim gehalten. Wie in den Vorjahren weigerte sich die Erdoğan-Regierung konsequent, Informationen preiszugeben. Weder die Ergebnisse noch der Umfang des Angriffes wurde bekannt gemacht. Einer der Gründe für die hohen Verluste war, dass die Armee über ein sehr großes Gebiet verteilt war. Da es sich bei den Gebieten um ein zerklüftetes Terrain handelt, waren die Armeeeinheiten nicht in der Lage, sich gegenseitig zu unterstützen. Sie wurden dadurch regelrecht zu Zielscheiben der Guerilla.

Nun ging es um die gesamte Zap-Region

Im Jahr 2022 nahm die türkische Armee die gesamte Region Zap ins Visier. Sie hatte sich seit den 1990er Jahren an dieser Region versucht, war aber immer mit schweren Verlusten abgezogen. Die türkische Armee griff die Zap-Region fast überall an und meinte, die Guerilla so unvorbereitet zu erwischen und ausschalten zu können. Aber genau das Gegenteil geschah. Der Guerilla gelang es, den Kampf in den Kriegstunneln auf der Grundlage der Erfahrungen der Vorjahre und der erfolgten Umstrukturierung weiter zu entwickeln und der türkischen Armee sehr gut vorbereitet entgegenzutreten. So konnte die Guerilla den türkischen Invasionstruppen in allen Bereichen die Hölle heiß machen. Neben den Kriegstunneln konnten mobile, kleinste, aber hochprofessionalisierte Guerillaeinheiten, die in der Lage waren, auf unzählige verschiedene Weisen Aktionen durchzuführen und die verschiedenen Waffengattungen meisterhaft beherrschten, der türkischen Armee schmerzhafte Schläge versetzen. Dank dieser Form der Kriegsführung ging die Kontrolle des Schlachtfelds und die Initiative an die Guerilla über. Diese mobilen Einheiten verwuchsen durch Tarnung praktisch mit dem Gelände und verteilten sich in der ganzen Region. Damit kontrollierte die Guerilla das Feld, und die türkische Armee war trotz aller Technik nicht in der Lage, aus der Defensive herauszukommen.

Türkische Armee ist psychisch am Ende

Zusätzlich zu den schweren physischen Verlusten erlitt die türkische Armee auch massive psychische Probleme. Den Soldaten war befohlen worden, die Gipfel zu halten und dort Position zu beziehen, aber es gab keine Guerillakräfte, die sich statisch verhielten und so Ziele abgaben. Da die Guerilla nach dem Prinzip handelte, immer und überall zu sein, konnte sie rund um die Uhr die feindlichen Kräfte angreifen und wirksame Aktionen durchführen. Diese Situation hatte natürlich eine starke psychologische Wirkung auf die Soldaten. Trotz aller Aufforderungen der Kommandanten wagten es die Soldaten nicht, gegen die Guerilla vorzurücken oder gar die Kriegstunnel zu betreten, denn sie wussten, dass sie dann sterben würden. Solche Situationen konnte die Guerilla selbst immer wieder dokumentieren. So musste sich die Armee von einigen der Stellungen, an denen sie sich vor dem Wintereinbruch zu befestigen versucht hatte, zurückziehen, da aufgrund der Guerillaaktionen nicht die Möglichkeit bestanden hatte, sich wie geplant abzusichern. Wie in den Aufnahmen der Guerilla immer wieder zu sehen ist, mussten die Soldaten es riskieren, ungeschützt unter schwersten winterlichen Bedingungen in Zelten zu sitzen, so als ob sie auf den Tod warten würden. Das sind keine Gebiete, in die man sich aufgrund technischer Stärke und Selbstvertrauen begeben kann, und vor allem keine Gebiete, in denen man starke Stützpunkte errichten kann. Dazu gibt es ohnehin nicht die Möglichkeit.

Der Verrat der PDK und die Taktik der Armee stößt auf den Guerillawiderstand

Im Jahr 2023 folgte dann eine Änderung der Taktik. Die türkische Armee griff nicht mehr viele Gebiete auf einmal an, sondern griff mit einer Streitmacht von 15.000 Soldaten die Regionen an, aus denen sie sich im vorherigen Winter hatte zurückziehen müssen. Bei diesen Gebieten handelt es sich um die westliche Zap-Region. Die türkische Armee kennt die strategische Bedeutung dieser Gebiete und versuchte daher dort unter Einsatz aller Kraft, möglichst starke Stützpunkte zu errichten und möglichst alle Soldaten dort zu konzentrieren. Dies sollte mit Hilfe der verräterischen PDK geschehen. Tatsächlich hat die PDK in diesen Gebieten die Vorarbeiten für die Stationierung türkischer Besatzungstruppen durchgeführt. Sie arbeitete mit aller Kraft daran, Festungen zu errichten, über denen zwar die Flagge Kurdistans wehte, in denen sich aber türkische Soldaten befanden. Von Zeit zu Zeit bewachten PDK-Einheiten türkische Truppen und immer wieder baute die PDK trotz aller Warnungen der Guerilla Militärstraßen für die Besatzungstruppen.

Revolutionäre Operation am Girê Amê

Trotz alledem wurden bei der groß angelegten revolutionären Operation am 12. Januar 2024 im Widerstandsgebiet Girê Amêdî, eines der Gebiete, in dem sich die türkische Armee mit der größten Unterstützung der PDK zu verschanzen versuchte, 61 Mitglieder der Besatzungstruppen getötet. Derzeit können wir beobachten, wie verschiedene Narrative um die Operation gesponnen werden. Diese revolutionäre Operation hatte zusammen mit ihren Vorläuferinnen im Dezember und im ganzen vergangenen Jahr eine Schockwirkung. Das gilt insbesondere für das AKP/MHP-Regime. Die Invasionsarmee hatte ihre Kräfte bis weit ins Innere von Südkurdistan ausgedehnt und meinte, diese Gebiete so leicht kontrollieren zu können. Aber sie steckt nun in der Region in einer Winterhölle. Man kann diese Gebiete weder auf dem Land- noch auf dem Luftweg erreichen. Es stürmt ständig und es herrscht dichter Nebel. Nur die Guerilla kann diesen Bedingungen trotzen, denn die Guerilla ist ein Teil dieser Landschaft und hat ihren Kampf durch Anpassung an die Natur auf dieses Niveau gebracht. Der Feind hat dies ignoriert. Genauer gesagt: Diejenigen, denen das bekannt war, ließen ihre eigenen Soldaten zum Sterben in dieser Region zurück.

Das Regime hat die Gesellschaft in der Türkei als Geisel genommen

Durch den stattgefundenen Transformationsprozess der Guerilla und die gewonnenen Kriegserfahrungen, ist es ihr gelungen, die negativen Auswirkungen der jahreszeitlichen Besonderheiten auf ihre Handlungsfähigkeit zu überwinden. Es hat sich herausgestellt, dass die Guerilla der demokratischen Moderne auf der Grundlage der Linie der apoistischen Opferbereitschaft unter jeglichen Bedingungen und Umständen kämpfen kann. Zweifellos haben diese revolutionären Operationen bereits große Erfolge erzielt, aber die wichtigsten Ergebnisse werden sich erst langfristig einstellen. Der Grund dafür ist, dass das Erdoğan-Regime, das sein gesamtes inneres und äußeres Gleichgewicht und seine gesamte Existenz in diesen Krieg investiert hat, kurz vor dem Zusammenbruch steht. Es ist nicht mehr in der Lage, die schwere Niederlage zu verbergen, die es gegen die Guerilla in den Medya-Verteidigungsgebieten erlitten hat. Das türkische Regime ist kein ernstzunehmender Akteur in der Regionalpolitik mehr. Es arbeitet mit aller Macht daran, den Rassismus zu vertiefen, indem es den Tod von Soldaten als innenpolitisches Instrument einsetzt. Erdoğan und Bahçeli haben die Gesellschaft um ihrer eigenen Macht willen als Geisel genommen. Diese revolutionären Operationen haben bewiesen, wie verkommen und ohnmächtig diese Regierung und ihre Besatzungsarmee sind.