Überreste von JITEM-Opfern kommen ans Licht

Im Dorf Arabuk in der nordkurdischen Provinz Riha sind Menschenknochen am ehemaligen Standort eines Verhörzentrums des Geheimdienstes JITEM aufgetaucht. Offenbar nutzte der türkische Staat in den 1990ern den Ort als Folter- und Hinrichtungsstätte.

Die Landkreise Hilvan und Sewrêg (tr. Siverek) in der nordkurdischen Provinz Riha (Urfa) gelten als vom Staatsterrorismus tief verwüstete Orte. Ein Konglomerat aus Paramilitärs aus dem Bucak-Clan und dem Geheimdienst der Militärpolizei (JITEM) betrieb dort in den 1990er Jahren Folter- und Hinrichtungszentren und terrorisierte die Bevölkerung mit Todesschwadronen. Bei Bau- und Landarbeiten tauchen immer neue Überreste von Menschen auf, die in diesen Jahren „verschwunden sind“ und zu Opfern der vom JITEM und Sedat Bucak aufgestellten Todesschwadron wurden. Zuletzt wurden am 7. Juni 2022 im Dorf Arabuk die Überreste von drei Männern in Plastiksäcken gefunden, als ein Feld nach einem Besitzerwechsel von Steinen gesäubert werden sollte. Es werden wesentlich mehr Leichen in dem vom berüchtigten Dorfschützerclan der Bucak kontrollierten Gebiet befürchtet. Die Angehörigen von zwischen 1993 und 1994 „Verschwundenen“ berichten, dass sich am Fundort der Leichen ein gemeinsames Hauptquartier der Dorfschützer und des JITEM befunden habe.

Weitere Knochen wurden gefunden

Auf Antrag des Grundstückseigentümers beim Gouverneur von Riha wurde am 21. Juli unter Aufsicht der Militärpolizei und der Staatsanwaltschaft eine Grabung durchgeführt, bei der neun weitere Knochenstücke gefunden wurden. Die Entdeckung der Knochen in einem Gebiet, das damals dem Bucak-Clan gehörte und in den 1990er Jahren als Hauptquartier des JITEM diente, hat die Angehörigen der „Verschwundenen“, die immer noch nach deren sterblichen Überresten suchen, auf den Plan gerufen. Momentan finden entsprechende DNA-Untersuchungen statt. Zeug:innen der Massaker hatten berichtet, dass es sich bei den Knochen um die Überreste von Faik Kevci handeln könnte. Es kommt immer wieder zu Versuchen, die Verbrechen zu vertuschen. So verschwanden bereits Teile der Knochen, unter anderem ein Schädel.

JITEM-Gründer selbst aktiv

Nun häufen sich die Hinweise, dass es sich in Arabuk um eine zentrale Folter- und Hinrichtungsstätte des JITEM handelte, wo auch der JITEM-Gründer Arif Doğan direkt an Exekutionen und Folterungen beteiligt war. Nach Aussagen von Zeug:innen aus der Region nahm Arif Doğan in den 1990er Jahren persönlich an Verhören teil und führte Hinrichtungen in den ländlichen Gebieten der Landkreise Hilvan und Sewrêg durch. Außerdem sei eine große Zahl von Personen aus Mêrdîn (Mardin) und Amed (Diyarbakir) zu ihrer Ermordung in die Region gebracht worden. Wenn das Gebiet gründlich durchsucht werden würde, könnten vermutlich Knochen von Dutzenden weiteren Menschen entdeckt werden. Das Dorf Arabuk und seine Umgebung spielten als Basis der Todesschwadrone eine wichtige Rolle.

Durchsuchungen und Grabungen entsprechend des Minnesota-Protokolls über die Ermittlung von außergesetzlichen Hinrichtungen sind dringend nötig und werden auch von den Angehörigen der Verschwundenen gefordert. Das Protokoll von Minnesota beinhaltet eine Reihe internationaler Richtlinien zur Untersuchung potenziell rechtswidriger Todesfälle, im Besonderen für die Untersuchung verdächtiger Todesfälle, bei denen die Verantwortung eines Staates vermutet wird.