Nach fast zehn Jahren ist das sogenannte „KCK-Verfahren von Silopiya” mit Schuldsprüchen beendet worden. Zwölf der insgesamt dreißig Angeklagten in dem Prozess, der an der 2. Schwurgerichtskammer Elazığ (ku. Xarpêt) verhandelt wurde, sind in Abwesenheit zu Haftstrafen zwischen siebeneinhalb und acht Jahren verurteilt worden. Die restlichen Angeklagten wurden freigesprochen.
Die „KCK-Operation“ genannte Verhaftungswelle begann nur einen Tag, nachdem die KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) am 13. April 2009 ihre Waffenruhe bis zum 1. Juli verlängert und in ihrer Deklaration davon gesprochen hatte, dass „zum ersten Mal die Möglichkeit besteht, die kurdische Frage in einem Umfeld der Waffenruhe zu lösen“. Zwei Wochen zuvor hatten in der Türkei Kommunalwahlen stattgefunden, die pro-kurdische Partei DTP konnte die Zahl ihrer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister beinahe verdoppeln. Noch im selben Jahr wurde die DTP wegen Terrorvorwürfen durch Entscheid des Verfassungsgerichts verboten.
Schlag gegen legale kurdische Politik
Die KCK-Operation, die mit der Verhaftung von kurdischen Politiker*innenn und Vertreter*innen von NGOs begann, ergriff wellenförmig alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und betraf auch Bürgermeister*innen, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen, Verteidiger*innen der Menschenrechte und Rechtsanwält*innen. Am Ende der Operation im Jahre 2011 waren etwa 10.000 Menschen unter dem Verdacht der Mitgliedschaft in der KCK verhaftet worden.
Abgesetzte Bürgermeisterin ebenfalls verurteilt
In Silopiya war es im September 2011 zu einer Festnahmewelle gekommen. Unter den nun Verurteilten befindet sich auch die ehemalige Ko-Bürgermeisterin von Cizîr (tr. Cizre), Berivan Kutlu, die sieben Jahre und drei Monate Haftstrafe erhielt. Die Politikerin war im März 2019 zusammen mit Mehmet Zırığ mit großer Mehrheit in das Bürgermeisteramt in Cizîr gewählt worden. Im Oktober desselben Jahres wurde sie vom türkischen Innenministerium suspendiert und durch einen staatlichen Treuhänder ersetzt. Vergangenen Dezember wurde Kutlu in der Provinzhauptstadt Şirnex (türk. Şırnak) zusammen mit der HDP-Politikerin Meryem Aşkara von maskierten Polizisten einer Sondereinheit festgenommen. Bei den überfallartigen Festnahmen waren beide Frauen schwer misshandelt worden.