Arife Bekir: „Efrîn: Vom Himmel zur Hölle“

In ihrem Buch „Efrîn: Vom Himmel zur Hölle“ erzählt die aus Efrîn stammende Autorin Arife Bekir von der Verfolgung der kurdischen Bevölkerung unter dem Baath-Regime, der Revolution, der Selbstverwaltung und der türkischen Invasion.

Im Moment findet die Şêhid-Herekol-Buchmesse in Qamişlo statt. Hunderte neue Bücher aus Rojava und Nordsyrien werden dort vorgestellt. Eine der Autorinnen ist Arife Bekir. Die kurdische Frau und Mutter hat eine lange und schwere Lebensgeschichte hinter sich. Sie wurde unter dem Baath-Regime inhaftiert und schwer gefoltert. Sie erlebte auch die Befreiung und die Selbstverwaltung der vorwiegend von Kurd:innen bewohnten Region, aber musste ebenso 2018 die türkische Invasion erfahren und ihre Heimatregion verlassen. In ihrem 2020 erschienenen Buch „Efrîn: Vom Himmel zur Hölle“, vollzieht die Autorin diese Geschichte, die auch die Geschichte Efrîns ist, erneut nach. Im ANF-Gespräch berichtet sie über Inhalt und Intention ihres Werks.


Könnten Sie uns etwas über den Inhalt Ihres Werks berichten?

Zunächst einmal möchte ich dieses Gespräch zum Anlass nehmen, den Organisator:innen der 5. Şehîd-Herekol-Buchmesse zu gratulieren und den Autorinnen und Autoren viel Erfolg zu wünschen. Ich bin sehr froh, dass das Buch, das ich geschrieben habe, hier präsentiert wird. Mein Buch „Efrîn: Vom Himmel zur Hölle“ hat 116 Seiten.

Das Buch beginnt mit der Geschichte und Geografie von Efrîn. Dann geht es um die Unterdrückung der kurdischen Bevölkerung unter der Herrschaft des Baath-Regimes, also um Praktiken wie das Verbot der Muttersprache etc. Es gibt auch einen Abschnitt über Politiker:innen und Schriftsteller:innen, die vom Regime verhaftet wurden. Ich berichte auch über das Grauen und die Folter, die ich während meiner Zeit im Gefängnis unter dem Regime erlitten habe.

Mit der Ausrufung der Selbstverwaltung begann für Efrîn eine neue Ära. In diesem Teil des Buches sind die Auswirkungen der Selbstverwaltung auf Efrîn beschrieben – wie Efrîn zu einem Paradies wurde. Der türkische Staat störte sich daran und griff im Jahr 2018 unsere Stadt an. Ich berichte auch über den 58-tägigen Widerstand gegen die Invasion und beschreibe insbesondere die Kriegs- und Völkerrechtsverletzungen des türkischen Staates in Efrîn, die Erlebnisse der Bevölkerung und den Widerstand der Kämpfer:innen von YPG und YPJ, insbesondere von Held:innen wie Şehîd Karker und Şehîd Avesta. Abgesehen davon gibt es viele Geschichten und Erinnerungen. Es gibt einige sehr schmerzhafte Erinnerungen, und ich habe auch darüber geschrieben, wann diese Ereignisse passiert sind. Ich habe persönlich die Betroffenen interviewt, Reportagen geschrieben und diese ebenfalls ins Buch eingefügt.

Was war Ihr Ziel, ein solches Buch zu schreiben? Wann haben Sie angefangen zu schreiben und wie haben Sie sich dabei gefühlt?

Ich habe seit der Invasion von Efrîn viele Schwierigkeiten auf mich genommen, um dieses Buch zu schreiben. Es war sehr schwierig, das Leiden von Efrîn auszudrücken. Meine Freund:innen ermutigten mich ständig. Wir müssen das Leiden von Efrîn der Welt mitteilen. Die ganze Welt sollte wissen, was in Efrîn passiert ist. Alle sollten über die vom türkischen Staat in Efrîn begangenen Verletzungen Bescheid wissen. Zwei Jahre hatte es gedauert, bis mein Entschluss gereift war, ein Buch zu schreiben, und ich begann 2020.

Ich kann nicht einmal annähernd den Schmerz beschreiben, den ich beim Schreiben verspürte. Jede Seite trägt einen anderen Schmerz, andere Geschichten. Ich habe dort gelebt und all das gespürt. Wir haben genau diesen Schmerz der Menschen in Efrîn miterlebt. Ich wollte über das Leid der Menschen schreiben und für die anderen bekannt machen. Das kurdische Volk hat schon so lange niederträchtige Angriffe und Menschenrechtsverletzungen durch den türkischen Staat erlitten. Die meisten von diesen sind jedoch nicht aufgeschrieben, dokumentiert, und damit auch nicht in die geschriebene Geschichte eingegangen. Vor allem Frauen schreiben wenig. Als Frau habe ich beschlossen, über das Leiden meines Volkes zu sprechen und zu schreiben. Lasst die Menschen der Welt wissen, was das kurdische Volk in seiner Geschichte durchgemacht hat. Es gab so viele Massaker. In jüngster Zeit haben die Völker von Efrîn, Şengal, Girê Spî, Serêkaniyê so viel gelitten. Als Frau aus Efrîn wollte ich beschreiben, was in unserer Stadt passiert ist.

Jede Frau und jede Schriftsteller:in sollte darüber schreiben, und wenn es nur ein einziger Satz ist. Zeigen wir den Menschen das Leid unseres Volkes. Ein Volk von Millionen scheint immer noch keinen Anspruch auf Rechte zu haben. Es wird Tag für Tag angegriffen.

Warum haben Sie Ihr Buch auf Arabisch geschrieben, und werden Sie es in andere Sprachen übersetzen?

Ich habe mein Buch auf Arabisch geschrieben. Ich konnte nicht auf Kurdisch schreiben, weil das Regime uns nie erlaubt hat, unsere Muttersprache zu lernen. Wir wurden immer wieder daran gehindert. Meine Schulbildung fand auf Arabisch statt, also schrieb ich auf Arabisch. Ich werde mein Buch sowohl ins Kurdische als auch ins Englische übersetzen. Mein Ziel ist es, das Leid meines Volkes und die Angriffe des türkischen Staates auf Efrîn der Weltbevölkerung zu vermitteln.