In Bakur wird immer weniger Kurdisch gesprochen
In Nordkurdistan wird immer weniger Kurdisch gesprochen. Der Bildungsgewerkschaftsvorsitzende Murat Atabay in Wan beobachtet eine zunehmende „Autoassimilation“ in der Bevölkerung.
In Nordkurdistan wird immer weniger Kurdisch gesprochen. Der Bildungsgewerkschaftsvorsitzende Murat Atabay in Wan beobachtet eine zunehmende „Autoassimilation“ in der Bevölkerung.
In der Türkei hat das neue Schuljahr begonnen. Millionen kurdischen Kindern wird das Recht auf muttersprachlichen Unterricht verweigert. Die Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen weist seit Jahren auf die strukturelle Benachteiligung kurdischer Kinder im türkischen Schulsystem hin. Der Ko-Vorsitzende des Gewerkschaftsbüros in Wan, Murat Atabay, beobachtet eine zunehmende „Autoassimilation“ in Kurdistan und sagt: „Kinder, die nicht in ihrer Muttersprache unterrichtet werden, sind bei Schulbeginn in akademischer Hinsicht benachteiligt und erleben auch psychische Schwierigkeiten. Wenn der Unterricht in einer Sprache abgehalten wird, die sie nicht oder nur wenig verstehen, fühlen sie sich unwohl und können sich nicht entspannt ausdrücken. Die psychischen Auswirkungen sehen wir später in einem fehlenden Selbstvertrauen oder akademischen Misserfolgen. Das ist ein großes Problem im Bildungsbereich. In der Türkei werden viele verschiedene Sprachen gesprochen. Kurdisch ist die Sprache einer sehr großen Bevölkerungsgruppe. Deshalb ist kurdischer Unterricht von sehr großer Bedeutung.“
Laut Atabay sprechen immer weniger Eltern Kurdisch mit ihren Kindern: „Wir kritisieren die Assimilierungspolitik des Staates, aber wir müssen auch auf uns selbst schauen. Warum setzen wir uns nicht für unsere Muttersprache ein? Warum sprechen wir zu Hause, bei der Arbeit oder auf der Sprache nicht Kurdisch? An diesem Punkt ist Selbstkritik erforderlich. Viele Kinder gehen aufgrund der Wirtschaftskrise hungrig zur Schule und das ist ein großes Problem. Aber es ist auch ein Problem, dass sie nicht in ihrer Muttersprache unterrichtet werden.“
Weiter erklärt Atabay: „Die Assimilierungspolitik gegen die kurdische Sprache gibt es nicht erst seit dreißig Jahren, sondern bereits seit Gründung der Republik Türkei. Und sie ist sehr erfolgreich. In den 1920er Jahren wurde in kurdischen Familien zu neunzig Prozent Kurdisch gesprochen. Heute sprechen nur noch sieben oder acht Prozent der Menschen in den kurdischen Provinzen Kurdisch. Die Assimilierungspolitik der AKP ist in eine Autoassimilation umgeschlagen.“