Hîlala Zêrîn – eine Bewegung des kulturellen Widerstands
Die Kulturbewegung Hîlala Zêrîn in Nord- und Ostsyrien ist eine Bewegung von Frauen zum Erhalt ihrer Kulturen und zur kulturellen Selbstverteidigung gegen das Patriarchat.
Die Kulturbewegung Hîlala Zêrîn in Nord- und Ostsyrien ist eine Bewegung von Frauen zum Erhalt ihrer Kulturen und zur kulturellen Selbstverteidigung gegen das Patriarchat.
Die Kulturbewegung Hîlala Zêrin macht vor allem Bildungsarbeit und kulturelle Selbstorganisierungsarbeit mit Frauen und Kindern in Nord- und Ostsyrien. Ihr Ansatz ist, die Menschen verschiedener ethnischer, religiöser, kultureller und sprachlicher Identitäten auf künstlerischer und kultureller Ebene zusammenzubringen und in ihrem Schaffen zu bestärken.
Hîlala Zêrîn hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Frauengeschichte und die Realität der Frauen zu bewahren und die Vergangenheit der Frauen zu beleuchten. Dabei werden insbesondere Strukturen der Frauenbefreiung und der Kultur der kommunalen Gesellschaft auf einer künstlerischen Ebene gefördert. Mit kommunaler Gesellschaft ist kurz gesagt eine basisdemokratische, ökologische Gesellschaft, in der die Frauen befreit sind, gemeint. Diese Idee der kommunalen Gesellschaft hat eine tiefe historische Dimension, die bis ins Neolithikum zurückreicht. Dies spiegelt sich auch im Nahmen wider. Hîlal bedeutet Mondsichel und Zêrîn bedeutet golden. Damit wird Bezug auf den „fruchtbaren Halbmond“ genommen, einer vom Zagros- und Tauros-Gebirge abgegrenzte sichelförmige Landschaft, in der die ersten Schritte der neolithischen Revolution und die urbane Revolution stattfanden und in der es deutliche Hinweise auf frühe matrifokale Gesellschaften gibt.
Vorgängerorganisation von Hîlala Zêrîn war die Bewegung Kevana Zêrîn, die 2016 in Qamişlo gegründet wurde. 2020 wurde die Bewegung in Hîlala Zêrîn umbenannt. Hîlala Zêrîn ist in Qamişlo, Hesekê, Şehba und dem Kanton Kobanê organisiert. Typisch für die basisdemokratischen Organisationen in Rojava und Nordsyrien, werden die Arbeiten durch selbstorganisierte Komitees durchgeführt. So gibt es zum Beispiel Medien und -Archivkomitees, Bildungskomitees und Diplomatiekomitees. Insbesondere in den Stadtzentren führt Hîlala Zêrîn eine ganze Reihe von kulturellen Aktivitäten durch, von Workshops für Musik und Instrumente über Theater und Folklore bis hin zur Malerei.
Das Diplomatiekomitee baut auf kultureller und künstlerischer Ebene diplomatische Netzwerke über den Nahen Osten hinaus auch auf internationaler Ebene auf. Dabei geht es um Kontakte mit kulturellen und künstlerischen Institutionen sowie mit Künstler:innen und Intellektuellen. Durch Kultur und Kunst wird die Revolution von Rojava so weiter bekannt gemacht.
Für dieses Jahr bereitet die Bewegung den Aufbau von Einrichtungen zur Produktion von Filmen vor. Die Kulturbewegung legt insbesondere großen Wert auf die Bildung der Kinder. So werden junge Menschen im Alter von 6 bis 15 Jahren darin unterrichtet, wie sie sich selbst und ihre Kultur durch Folklore, Theater und Malerei ausdrücken können. An diesen Aktivitäten nehmen Menschen aus allen ethnischen und kulturellen Gruppen in Nord- und Ostsyrien teil.
Gefahr der Auslöschung wurde überwunden
Fewaze Mihemed von der Koordination der Kulturbewegung Hîlala Zêrîn erklärt: „Hîlala Zêrîn hat sich organisiert, um die durch kulturellen Genozid am Rande der Auslöschung stehenden Identitäten wieder ans Licht zu bringen. Die mentale und kulturelle Assimilation der Völker musste aufgebrochen werden. Genau diese Rolle hat Hîlala Zêrîn gespielt und tut dies auch weiterhin.“
Mihemed kritisiert, dass aufgrund des Patriachats Frauen die Möglichkeit verweigert worden sei, ihre Kunst in die Gesellschaft einzubringen: „Dank der Revolution von Rojava, die durch das frauenbefreiende Paradigma von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] getragen wird, haben Frauen die Möglichkeit gewonnen, sich selbst kennenzulernen. Frauen haben sich zusammengeschlossen, um ihre Rechte zu verteidigen und ihre eigene Stärke kennenzulernen. Heute treten Frauen ohne irgendein Problem auf die Bühne und zeigen ihre Fähigkeiten; sie können sich ausdrücken, wie sie wollen. Die ihnen jahrelang entzogenen Gefühle werden durch die Kunst neu belebt. Durch Kultur und Kunst vermitteln sie ihre Leidenschaft, ihren Schmerz, ihre Begeisterung und ihre Liebe zum Leben.“
Organisierte Kraft von Frauen
Mihemed sagt, dass Hîlala Zêrîn die Bildung priorisiert: „Wo immer es Frauen gibt, gibt es Hîlala Zêrîn, es werden umfassende Anstrengungen unternommen, um alle Frauen zu erreichen. Organisierte Frauen sind unabdingbar, um die Kultur zu bewahren und zu verteidigen. Wir sind sehr an allen Aktivitäten der an Hîlala Zêrîn angeschlossenen Gruppen interessiert, aber wir sind nicht darauf beschränkt. Unsere Priorität ist die Organisierung von Frauen. Als Kulturbewegung Hîlala Zêrîn ist es unser oberstes Ziel, Frauen in allen Städten zu erreichen. Unorganisierte und ungebildete Frauen bedeuten eine unorganisierte und ungebildete Gesellschaft. Die mentale Veränderung von Frauen bewirkt die Veränderung der Gesellschaft.“
Schwerpunkt auf Bildung der Kinder
Insbesondere die Bildung von Kindern habe eine große Bedeutung, sagt Mihemed und fährt fort: „Ein Kind, das nicht mit seiner eigenen Kultur aufwächst, kann sein Land oder seine Kultur nicht schützen. Damit sich die Kinder gut entwickeln können, vermitteln wir kulturelle Bildung, die wir noch weiter ausbauen werden.“